Ob Aldi in den USA, Lidl in Frankreich oder Penny in Italien: Wer als Deutscher auf Reisen ist, trifft im Ausland beim Einkaufen immer wieder auf bekannte Namen. Insbesondere die deutschen Discountmärkte haben sich zum Exportschlager entwickelt. Doch auch die Rewe-Gruppe hat gerade erst angekündigt, in den nächsten Jahren mit Investitionen von fünf Milliarden Euro den Auslandsauftritt ihrer Supermärkte und der hauseigenen Discountkette Penny zu stärken.
„Das Discount-Modell ist der größte Exporterfolg des deutschen Handels“, sagt Frank Küver, Handelsexperte beim Marktforschungsunternehmen NielsenIQ, der Deutschen Presse-Agentur. „Die Erfolge der deutschen Discounter im Ausland haben dazu geführt, dass mittlerweile manchmal schon die Ankündigung des Markteintritts in einem neuen Land dazu führt, dass dort die Preise im Lebensmittelhandel ins Rutschen geraten – noch bevor der erste Laden eröffnet ist.“
Lidl ist Spitzenreiter bei Auslandsexpansion
Klarer Spitzenreiter beim Thema Auslandsexpansion ist Lidl. Der Billiganbieter aus der Schwarz-Gruppe betreibt mittlerweile rund 11.550 Filialen in 30 Ländern. Nur 3200 davon liegen in Deutschland. Mehr als drei Viertel des Lidl-Umsatzes von über 96 Milliarden Euro entfielen 2020 nach Unternehmensangaben auf das Auslandsgeschäft.
Doch auch Aldi Süd ist inzwischen außerhalb Deutschlands mit mehr als 4700 Filialen präsent. Dabei erstreckt sich das Filialnetz über vier Kontinente von Europa aus über die USA und Australien bis nach China. Allein in den USA hat Aldi mittlerweile mehr Filialen als auf dem deutschen Heimatmarkt. Das Schwesterunternehmen Aldi Nord betreibt zwischen Dänemark und Portugal weitere 5200 Auslandsfilialen.
Der Auslandserfolg der Discounter ist für Küver gut zu erklären. Im harten Wettbewerb auf dem deutschen Markt hätten die Billiganbieter ihre Geschäftsmodelle auf Effizienz getrimmt und davon dann bei ihrer Auslandsexpansion profitiert. „Der für den Erfolg entscheidende Kern des Discount-Modells – die Kosteneffizienz und das begrenzte Warenangebot – bleibt überall gleich.“ Die Verpackung könne aber je nach Land wechseln. Mal treten die Discounter edler auf als in Deutschland, mal karger, mal gibt es mehr Frischeprodukte, mal einen größeren Anteil an lokalen Marken.
Lokalmatadore vom ungewohnten Geschäftsmodell überrumpelt
Es ist ein Erfolgsrezept, auf das die etablierten Händler in den Auslandsmärkten oft nur schwer eine Antwort finden. Das zeigte sich etwa in Großbritannien, wo sich Aldi und Lidl seit ihrem Markteintritt auf Kosten der heimischen Ketten wie Tesco, Sainsbury's, Asda und Morrisons einen Marktanteil von 14,3 Prozent gesichert haben.
Der Erfolg hat vor allem einen Grund: Die Discounter sind preisgünstiger als die Konkurrenz. Nach Angaben der britischen Verbraucherschutzorganisation „Which?“ lieferten sich Aldi und Lidl in Großbritannien im vergangenen Jahr ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wer von ihnen der günstigste Lebensmittelhändler war. In sechs der zwölf Monate war laut „Which?“ Aldi am günstigsten, fünf Mal lag Lidl vorn, ein Mal lagen die Konkurrenten gleichauf. Die britische Konkurrenz konnte nur zusehen.
Doch ist es das nicht allein. Die Ketten geben sich auch große Mühe, ihre Verbundenheit mit dem jeweiligen Land zu beweisen. So tritt Lidl als Sponsor der englischen Fußball-Nationalmannschaft auf. Aldi profiliert sich als Partner der beliebten TV-Backshow „The Great British Bake Off“.
Auch in den USA sind Aldi mit mittlerweile mehr als 2000 Filialen und Lidl mit rund 160 Läden dabei, den Markt durcheinanderzuwirbeln. Von den Lesern von „USA Today“ wurde Lidl kürzlich zum drittbesten Supermarkt Amerikas gewählt. Aldi schaffte es immerhin auf den fünften Rang. Dank des internationalen Erfolgs von Lidl ist die Schwarz-Gruppe nach der jüngsten Rangliste der Unternehmensberatung Deloitte inzwischen zum viertgrößten Einzelhändler der Welt aufgestiegen. Aldi folgt auf Rang 8. Edeka und Rewe belegen mit einigem Abstand die Plätze 17 und 19.
Auch „Billa“ vor Expansion?
Doch auch Rewe will sein Standbein im Ausland stärken. „Die Rewe-Gruppe wird ihr internationales Geschäft in den nächsten Jahren kräftig ausbauen und dafür deutlich mehr Geld in die Hand nehmen als in den vergangenen Jahren“, sagte der für das Auslandsgeschäft zuständige stellvertretende Vorsitzende der Rewe-Gruppe, Jan Kunath, der Deutschen Presse-Agentur. Insgesamt sollen nach seinen Worten von 2021 bis 2025 rund fünf Milliarden Euro in den Ausbau der Auslandsaktivitäten im Lebensmittelhandel fließen.
Die Rewe-Gruppe ist derzeit außer in Deutschland auch in Österreich, Tschechien, der Slowakei, Italien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Kroatien und Litauen präsent – vor allem mit Billa-Supermärkten und der Discount-Kette Penny. Insgesamt betreibt der Konzern im Ausland rund 4500 Geschäfte. Die Zahl der Filialen soll durch die Expansion bis 2024 auf 5000 wachsen. Der Bruttoumsatz im Ausland soll von derzeit 18,75 Milliarden Euro auf gut 20 Milliarden Euro steigen.
Einzig Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka hat bislang keinen einzigen Markt im Ausland - und daran wird sich absehbar wohl auch nichts ändern. Was aber nicht heißt, dass der Händler das Auslandsgeschäft ganz aus den Augen verloren hat. Denn der Handelsriese hat sich nicht nur an dem niederländischen Lieferdienst Picnic beteiligt, er übernimmt mit der eigens gegründeten Einkaufsgesellschaft Everest auch eine wichtige Rolle bei der Warenversorgung des Start-ups. Klappt es mit der geplanten internationalen Expansion von Picnic, würde davon deshalb auch Edeka profitieren.
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