Frankfurter Bankier Müller: EZB sollte Negativzinsen beenden (dpa)
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Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte ihren Strategiecheck nach Ansicht des Bankiers Emmerich Müller zum Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik nutzen.

„Ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit zumindest die nominalen Negativzinsen hinter uns lassen. Sobald es die Umstände erlauben, sollte die EZB den Einlagensatz anpassen“, sagte der Partner des 1674 gegründeten Frankfurter Bankhauses Metzler der Deutschen Presse-Agentur. „Dass diese Negativzinsen auf Dauer eine erhebliche Auswirkung auf die Stabilität des Finanzsystems haben, ist auch der EZB geläufig.“ Banken müssen derzeit 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Auch wenn es inzwischen höhere Freibeträge gibt, ist das eine Milliardenbelastung für die Finanzbranche im Euroraum. Angestoßen von der seit November amtierenden EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Notenbank eine umfassende Überprüfung der geldpolitischen Strategie beschlossen - die erste seit 2003. Dabei geht es unter anderem um den geldpolitischen Werkzeugkasten, die Messung der Inflation und die Kommunikation der Notenbank. Müller ist überzeugt: „Eine Zinspolitik, die besser kommuniziert wird, könnte zu einer breiteren Zustimmung in der Öffentlichkeit - auch zum Euro - führen.“ Gerade in Deutschland gab und gibt es viel Kritik am Kurs der Notenbank. Banken und Sparern macht das Zinstief zu schaffen. Für Sparer sind Zinsen auf Sparbuch und Tagesgeldkonten quasi abgeschafft, wer viel Geld bei der Bank bunkert, dem drohen sogar Negativzinsen. Den Finanzinstituten brechen im Zinstief die Erträge weg, zudem sind die Negativzinsen eine Milliardenbelastung für die Branche. Andererseits profitieren Schuldner von dem extrem niedrigen Zinsniveau. „Eine substanzielle Änderung des Zinsniveaus ist nicht zu erwarten“, sagte Müller. „Es gibt einfach zu viele Schuldner, die real höhere Zinsen gar nicht verkraften könnten.“ Verärgert zeigte sich Müller über neue Pläne zu einer Besteuerung von Aktienkäufen. „In diesem Umfeld mit einer Finanztransaktionssteuer zu kommen, ist völlig kontraproduktiv. Eine solche Steuer würde nur diejenigen treffen, die für Ihr Alter vorsorgen“, kritisierte der Metzler-Partner. „Leider ist eine solche Steuer eines der Themen, die hochemotional und ideologisch, statt sachorientiert diskutiert werden. Und es ist eines der Themen, die Politiker mit Rücksicht auf ihre jeweilige Wählerklientel nicht beerdigen werden.“ In der Diskussion um eine Finanztransaktionssteuer hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Mitte Dezember seinen EU-Kollegen einen Entwurf vorgestellt. Demnach soll bei Aktienkäufen eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen. Scholz erwartet Einnahmen von zunächst 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Über eine Finanztransaktionssteuer wird auf EU-Ebene seit 2011 verhandelt. Bislang gibt es keine Einigkeit.

dpa