Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnt davor, den jüngsten Rückgang der Inflationsrate überzubewerten. Es sei „zu früh für eine Entwarnung“, sagte Nagel am Mittwoch laut Redetext zur Eröffnung eines Bundesbank-Symposiums in Frankfurt. „Denn die Inflation hat insgesamt an Breite gewonnen.“
Im Juni 2023 lagen die Verbraucherpreise im Euroraum ersten Zahlen zufolge um 5,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Für Mai hatte die europäische Statistikbehörde Eurostat noch eine Inflationsrate von 6,1 Prozent errechnet. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an.
Mit einer beispiellosen Serie von bislang acht Zinserhöhungen seit Sommer 2022 versuchen die Euro-Währungshüter, die Inflation in den Griff zu bekommen. Denn sie bringt die Menschen um ihre Kaufkraft. Höhere Zinsen dagegen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken.
Nagel: Zinsen müssten noch weiter steigen
Noch sei die Geldpolitik aus seiner Sicht „nicht am Ende des Straffungsweges angelangt“, bekräftigte Nagel, der im EZB-Rat über den weiteren Kurs mitentscheidet. „Aus heutiger Sicht müssen die Zinsen weiter steigen.“ Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, liegt mittlerweile bei 4,0 Prozent. Für die nächste Zinsentscheidung am 27. Juli hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine weitere Erhöhung in Aussicht gestellt.
„Die Frage, wie weit die Zinsen noch steigen müssen, lässt sich aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beantworten. Wir können auch nicht sagen, wie lange sie hoch bleiben und wie sie sich danach entwickeln“, erklärte der Bundesbank-Präsident. „Das hängt von der Inflationsentwicklung ab, und die ist hochgradig unsicher.“