20.09.2021, Türkei, Istanbul: Stefan Kuntz bei einer Pressekonferenz nach seiner Ernennung zum Cheftrainer der türkischen Fußballnationalmannschaft. Nach eigener Aussage hat Kuntz sich kurz mit der möglichen Nachfolge von Joachim Löw als Bundestrainer beschäftigt. (dpa)
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Stefan Kuntz wird geahnt haben, was jetzt über ihn in der Zeitung steht. Der 59-Jährige hat erst fünf Spiele als Fußball-Nationaltrainer der Türkei absolviert, das 1:3 gegen Portugal war seine erste Niederlage. Allerdings auch die folgenschwerste: Sie kam im ersten Durchgang der europäischen K.o.-Runde zur WM-Qualifikation. Am Freitag darauf dominiert in den türkischen Blättern nach dem verpassten WM-Ticket die Kritik: Warum hat Kuntz dies getan, und warum hat er jenes gelassen?

Kapitän Yilmaz erklärt Rücktritt aus Nationalteam Und überhaupt, fragte die Sportzeitung „Fanatik“: Weshalb hat er Stürmer Burak Yilmaz in der 85. Minute den Elfmeter schießen lassen, wo es doch bessere Schützen gegeben hätte? „Ich hätte erwartet, dass Kuntz unter solchen Umständen seine Fähigkeiten unter Beweis stellt und Feinheiten im Voraus abwägt“, meinte der Kommentator. Ein anderer schrieb, die „Mannschaft ist kaputt“. Auch Kuntz' Formation und Spielerauswahl werden von Fans und Journalisten kontrovers diskutiert. Kuntz selbst verkörperte nach dem Ende des WM-Traums eine Mischung aus Enttäuschung und Gelassenheit. Während Kapitän Yilmaz kurz nach dem Abpfiff in Porto seinen Rücktritt aus dem Nationalteam erklärte, sieht sich Kuntz noch lange nicht am Ende. Anstatt am kommenden Dienstag gegen Nordmazedonien um einen der letzten Plätze bei der WM in Katar zu spielen, bleibt den Türken zwar nur ein Freundschaftsspiel gegen die überraschenderweise ebenfalls ausgeschiedenen Italiener. Aber auch dieses will er nutzen, um die Perspektiven der Mannschaft weiterzuentwickeln. „Müssen geduldig sein mit unseren Spielern“ „Wir müssen geduldig sein mit unseren Spielern“, sagte Kuntz am späten Donnerstagabend im Estádio do Dragão. Eine Geduld, die er selbst vorlebte. Hätte Yilmaz den Elfmeter zum 2:2 versenkt, wäre das WM-Ticket in greifbare Nähe gerückt. Doch anstatt sich darüber zu beklagen, sprach Kuntz vom Stolz auf sein Team. Niemand müsse sich für dieses Spiel schämen, sagte der Europameister von 1996. „Als Trainer war ich sehr zufrieden damit, wie wir gespielt haben.“ Dass dennoch viel Arbeit auf ihn wartet, hat er ebenfalls registriert. Zu offensichtlich waren taktische und technische Defizite seiner Spieler im Vergleich zu den Portugiesen. Zudem wirkte sein Team in den ersten Minuten nach der Pause erschreckend passiv. Bis Yilmaz zuschlug. Nach den Treffern von Otávio (15. Minute) und Diogo Jota (42.) verkürzte der 36-Jährige zum 1:2 (65.). Als die Türken dann auch noch einen Foulelfmeter bekamen, hielt das Drachenstadion den Atem an. Wieder nahm Yilmaz Maß. Und schoss übers Tor. Kuntz resignierte. Matheus Nunes (90.+4) machte unmittelbar vor dem Abpfiff schließlich alles klar. Aber der deutsche Trainer haderte nicht lange. Er lief klatschend über den Rasen in Richtung der wenigen türkischen Fans, um sich zu bedanken. „Wir sind erst am Beginn unseres Weges“, sagte Kuntz.

TRT Deutsch und Agenturen