Bei ihrem Antrittsbesuch in den USA hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf eine Beteiligung Europas an Gesprächen mit Russland zur Ukraine-Krise gepocht. Es sei selbstverständlich, „dass es keine Entscheidung über die Sicherheit in Europa ohne Europa gibt“, sagte Baerbock am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Außenminister Antony Blinken in Washington. Die „Einbeziehung der betroffenen europäischen Staaten“ sei bei den anstehenden Gesprächen „zentral“. Baerbock und Blinken warnten Russland vor möglichen Einmarsch
Von Sonntag an sind wegen des Ukraine-Konflikts Gespräche auf mehreren Ebenen mit Russland geplant. Die EU und ihre Mitgliedstaaten spielen dabei allerdings nur eine Nebenrolle: Moskau spricht vor allem mit Vertretern der USA und der Nato. Das weckt Befürchtungen, dass die EU übergangen werden könnte.
Blinken beteuerte bei der Pressekonferenz mit Baerbock, dies sei nicht der Fall: „Wenn es um Fragen der europäischen Sicherheit geht, wird es nicht über Europa ohne Europa geben.“
Baerbock und Blinken warnten Russland erneut vor einem möglichen Einmarsch in die Ukraine. „Das russische Handeln ist mit einem klaren Preisschild gekennzeichnet“, sagte Baerbock. „Eine erneute Verletzung ukrainischer Souveränität durch Russland hätte schwerwiegende Konsequenzen.“
Aus von Ostseepipeline Nord Stream 2 bei russischem Angriff
Auch Blinken warnte Moskau für den Fall eines militärischen Angriffs gegen die Ukraine vor „massiven Konsequenzen“. „Echte Fortschritte" bei den bevorstehenden Gesprächen mit Russland könne es „in einer Atmosphäre der Eskalation“, in der Moskau der Ukraine eine „Waffe an den Kopf hält“, nicht geben. Im Falle eines russischen Angriffs auf das Nachbarland dürfe der Betrieb der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 nicht aufgenommen werden, forderte Blinken: „Aus unserer Perspektive ist es sehr schwer vorstellbar, dass Gas durch diese Pipeline fließt, dass sie in Betrieb geht, wenn Russland seine Aggression wiederholt.“ Baerbock verwies lediglich darauf, dass die Bundesnetzagentur den Zertifizierungsprozess für Nord Stream 2 ausgesetzt habe. „Das ist ein Zustand, wo wir auch ein Mittel in unserer Hand haben.“ Die Bundesregierung würde außerdem mit ihren EU-Partnern „effektive Maßnahmen“ ergreifen, wenn Russland Energie als „Waffe“ einsetze oder es zu „weiteren aggressiven Handlungen“ komme, betonte sie.
Russischer Truppenaufmarsch schürt im Westen Ängste
Baerbock hatte im Dezember gesagt, „dass bei weiteren Eskalationen diese Pipeline so nicht weiter ans Netz gehen könnte“. Seither äußerte sie sich zurückhaltender zu dem Thema. Ein massiver russischer Truppenaufmarsch mit rund 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze in den vergangenen Wochen schürt im Westen Ängste, dass eine russische Invasion in der Ukraine bevorstehen könnte. Moskau dementiert jegliche Angriffspläne und wirft seinerseits Kiew und der Nato „Provokationen“ vor. Der Kreml verweist seinerseits auf massive Truppenkonzentrationen der Ukraine in der Nähe der Konfliktgebiete und argwöhnt, die Regierung in Kiew könnte planen, entgegen dem Minsker Abkommen von 2015 im Donbass militärisch vollendete Tatsachen zu schaffen. Präsident Wladimir Putin hat zudem einen weitreichenden Katalog an Forderungen im Interesse russischer Sicherheit an die Nato vorgelegt. Darin fordert er unter anderem einen schriftlichen Verzicht des Westbündnisses auf eine Osterweiterung.
„Keine Alternative zu einer politischen Lösung“
Am Sonntag und Montag wollen Regierungsvertreter aus den USA und Russland in Genf über die Krise sprechen. Zwei Tage später soll es Gespräche zwischen Russland und der Nato geben, anschließend zwischen Russland und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Bereits am vergangenen Sonntag hatte US-Präsident Joe Biden mit Putin telefoniert und dem russischen Präsidenten bei einer weiteren Aggression gegenüber der Ukraine mit harten Sanktionen gedroht.
„Die eigentliche Frage ist, ob Russland es ernst meint mit der Diplomatie“, sagte Blinken am Mittwoch. Baerbock betonte, der russischen Regierung müsse klar sein, dass es „keine Alternative zu einer politischen Lösung“ gebe.