Vor dem Hintergrund anhaltender Engpässe von Säuglingsmilchnahrung gerät die Regierung von US-Präsident Joe Biden wegen ihres Krisenmanagements unter zunehmenden Druck. Biden sagte am Mittwoch bei einer Videoschalte mit Herstellern von Säuglingsnahrung, er wisse seit Anfang April über das Ausmaß des Problems Bescheid – das wäre Wochen nach Beginn der Krise im Februar. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, sagte danach, die gesamte Regierung habe von Anfang an der Bewältigung der Krise gearbeitet. Sie konnte aber auf wiederholte Fragen nicht aufklären, wann Biden von seinen Mitarbeitern über die Krise informiert wurde.
Hintergrund der Engpässe ist der Ausfall einer Fabrik von Abbott, dem größten Hersteller von Säuglingsmilchnahrung in den USA. Abbott hatte am 17. Februar mehrere Produktlinien zurückgerufen, nachdem möglicherweise wegen bakterieller Verunreinigungen vier Säuglinge erkrankt und zwei gestorben waren. Die Produktion in einem Werk der Firma im Bundesstaat Michigan wurde im Februar vorerst gestoppt.
Bei der Videoschalte am Mittwoch fragte Biden einen Manager des Säuglingsnahrungskonzerns Reckitt, ob dieser von den Folgen der Schließung des wichtigen Werkes des Konkurrenten Abbott überrascht gewesen sei. Manager Robert Cleveland antwortete: „Wir wussten von Anfang an, dass dies eine sehr ernste Angelegenheit sein würde.“ Biden kündigte am Mittwoch an, dass seine Regierung weitere Säuglingsmilchnahrung aus dem Ausland einfliegen lasse.
Verzweifelte Eltern
Verzweifelte Eltern suchen seit Wochen nach Säuglingsmilchnahrung, die in vielen Läden ausverkauft ist. Biden sagte: „Es gibt nichts Belastenderes als das Gefühl, nicht das zu bekommen, was Ihr Kind braucht.“ Er habe seine Regierung angewiesen, „alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um das Angebot zu erhöhen“. Babynahrung müsse so schnell wie möglich in den Supermarkt-Regalen vorzufinden sein.
Biden hat die Engpässe zur Chefsache erklärt und im vergangenen Monat ein für Kriegszeiten gedachtes Gesetz aktiviert, um die Produktion anzukurbeln. Zusätzlich hatte Biden die „Operation Fly Formula“ (in etwa: „Operation Babynahrung Fliegen“) ausgerufen, um Nachschub aus dem Ausland in die USA zu bringen.
Biden kündigte am Mittwoch Flüge aus London und aus Melbourne an, mit der Babynahrung der Firmen Kendamil (Großbritannien) und Bubs (Australien) an verschiedene Orte in den USA gebracht werden sollen. Im Mai hatte Bidens Regierung bereits zwei Flüge mit Babynahrung über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz veranlasst.
Mehr zum Thema: USA fliegen der Engpässe wegen Babynahrung über Ramstein ein
dpa
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