Spitzendiplomaten und Verteidigungsbeamte aus Russland und der Türkei haben sich in der russischen Hauptstadt versammelt, um über die Waffenruhe in Libyen zu sprechen.
Das Treffen habe mit den Gesprächen der russischen und türkischen Seite begonnen, erklärte die russische Außenamtsprecherin Maria Sacharowa gegenüber Reportern. Der gastgebende Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Shoigu werden die Konflikte in Libyen und in Syrien mit ihren türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavuşoğlu und Hulusi Akar diskutieren, wie sie mitteilten.
Maria Sacharowa bestätigte zudem, dass der von der UN-gestützte Regierungschef Libyens, Fayezal-Sarradsch und sein Konterpart Warlord Khalifa Haftar bereits in Moskau angekommen seien. Sie werden demnach mit russischen und türkischen Beamten zusammenkommen.
„Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Initiative der Präsidenten Russlands und der Türkei, die am Ende des Gipfels in Istanbul [vergangene Woche] angekündigt wurde, werden heute in Moskau unter dem Schirm der Außen- und Verteidigungsminister Russlands und der Türkei innerlibysche Gespräche stattfinden. Es wird erwartet, dass al-Sarradsch, Haftar und Vertreter anderer libyscher Parteien (...) teilnehmen werden“, sagte sie.
Italien möchte Interessensausleich mit Türkei und Russland
Erst letzte Woche lehnte al-Sarradsch ein geplantes Treffen mit dem italienischen Premierminister Giuseppe Conte in Rom ab, nachdem er erfahren hatte, dass Conte auch mit Haftar zusammenkommt. Vergangenen Samstag traf sich al-Sarradsch schließlich doch mit Conte, allerdings ohne Haftar.
Italien, das einst als Hauptakteur in Libyen galt, versucht, so die britische Zeitung The Guardian, verlorenes Terrain zurückzugewinnen, indem es einen trilateralen Friedensprozess mit Russland und der Türkei vorschlägt. Conte ist innenpolitisch unter heftige Kritik geraten. Ihm wird vorgeworfen, die Libyen-Krise falsch angegangen zu sein.
Am Montag ist der italienische Premier in die Türkei geflogen, um den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu treffen. Ankara sei für Italien ein Partner von „absoluter geostrategischer Relevanz in der Region“, zitieren ihn italienische Medien. Nach seinem Besuch in der Türkei wird Conte nach Ägypten weiterfliegen. Ägypten steht hinter den Haftar-Truppen.
Auch die Bundesregierung unterstützt die Friedensgespräche. Kanzlerin Angela Merkel setzte dafür eine Friedenskonferenz in Berlin in Aussicht. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert kommentierte, dass „die Vorbereitungen auf eine solche Konferenz laufen. Sie soll auf jeden Fall im Januar hier in Berlin stattfinden.“
Bei der Pressekonferenz mit dem italienischen Premierminister Giuseppe Conte erklärte Präsident Erdoğan seine Unterstützung für die Anstrengungen Deutschlands bei der Organisation einer Friedenskonferenz. Er bestätigte, dass er dafür am 19. Januar einen Besuch in Deutschland tätigen werde. Auch die Regierungschefs Russlands und Italiens werden in Berlin erwartet.
Conte bemerkte bei der Pressekonferenz in Ankara, dass der Waffenstillstand den Weg für eine wichtige Möglichkeit ebne. Er hoffe auf eine friedliche Lösung im Konflikt.
Russische Söldner von der Front abgezogen
Am 12. Januar hatten die kriegsführenden Seiten im libyschen Konflikt auf Forderung des russischen und türkischen Präsidenten hin einen Waffenstillstand angekündigt.
Militärquellen der Regierung der Nationalen Einheit (GNA) unter al-Sarradsch erklärten, dass bis zu 500 russische Söldner im Süden Tripolis in den Reihen der Haftar-Miliz operierten. Nach dem Treffen zwischen Erdoğan und Putin gab es Anzeichen, dass die Söldner der Firma Wagner mit engen Beziehungen zum Kreml am Wochenende von den Frontlinien zurückgezogen wurden.
Al-Sarradsch forderte am Montag das libysche Volk auf, „das Blatt zu wenden, Zwietracht abzulehnen und die Reihen zu schließen, um Stabilität und Frieden zu erreichen“.
Seit dem Sturz des verstorbenen Herrschers Muammar Gaddafi im Jahr 2011 sind zwei Machtsitze in Libyen entstanden: Einer im Osten Libyens unter Haftar, der hauptsächlich von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wird, und der andere in Tripolis. Dort regiert die UN-gestützte Regierung von al-Sarradsch.
Seit Beginn der Offensive der Haftar-Milizen auf Tripolis wurden nach Angaben der UNO mehr als 280 Zivilisten und etwa 2 000 Kämpfer getötet. Bis zu 146 000 Libyer wurden aus ihren Wohngebieten vertrieben.