Ein Jahr nach dem Libyen-Gipfel in Berlin wächst die Hoffnung auf eine politische Lösung für die Krise in dem nordafrikanischen Land. Bundesaußenminister Heiko Maas zog eine positive Bilanz der Friedensbemühungen. Die damalige Konferenz habe den Libyern zwar keinen sofortigen Frieden, aber eine Trendwende gebracht, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Unterhändler der Konfliktparteien segneten am Dienstag zugleich nach wochenlangem Streit einen Modus zur Wahl einer Übergangsregierung ab.
Mass erklärte, vor dem Berliner Treffen habe sich das Land in einem offenen bewaffneten Konflikt befunden. „Mit der Konferenz begann Schritt für Schritt ein echter innerlibyscher Friedensprozess unter der Leitung der Vereinten Nationen“, sagte er.
Maas und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten am 19. Januar in Berlin fast alle Staaten an einen Tisch gebracht, die den Libyen-Krieg mit Waffen und Kämpfern für den Warlord Khalifa Haftar befeuern, darunter Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Türkei gilt als wichtigster Unterstützer der international anerkannten Regierung in der Hauptstadt Tripolis. Zu der damals vereinbarten vollständigen Umsetzung des Waffenembargos kam es aber bis heute nicht. Immer noch wird militärische Ausrüstung in das Land geliefert. Allerdings gibt es seit Oktober einen Waffenstillstand und Gespräche zwischen den Konfliktparteien über eine Übergangsregierung.
In dem ölreichen Staat war nach dem mit westlicher Hilfe erfolgten Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Heute ringt die international anerkannte Regierung mit Sitz in Tripolis mit einer Gegenregierung im Osten des Landes um die Macht.
Die UN teilten am Dienstag mit, eine Mehrheit der 75 Teilnehmer der innerlibyschen Gespräche habe einem Kompromiss zur Wahl einer Übergangsregierung zugestimmt. Die amtierende UN-Libyen-Gesandte Stephanie Williams erklärte, damit sei ein wichtiger Schritt nach vorne gemacht worden. Die Übergangsregierung soll den Weg zu den Wahlen ebnen, die für den 24. Dezember geplant sind.
Parallel dazu trafen sich am Dienstag die Vertreter des libyschen Verfassungsausschusses im ägyptischen Badeort Hurghada. Das Gremium ist besetzt mit je zehn Vertretern der rivalisierenden Parteien. Es soll die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Wahl schaffen.
Nach Einschätzung von Außenminister Maas hat der Berliner Gipfel den Anschub für die Fortschritte zwischen den Konfliktparteien gegeben. „Dennoch bleibt noch viel zu tun: Die Spaltung Libyens ist noch nicht überwunden“, sagte der SPD-Politiker. „Das Waffenstillstandsabkommen ist noch nicht vollständig umgesetzt und auch eine neue Interims-Regierung ist noch nicht benannt. Leider gibt es auch immer noch ausländische Einflussnahme und Kämpfer auf beiden Seiten.“ Aber der bisherige Erfolg bestärke die Bundesregierung in ihrem bisherigen Engagement.
Mehr zum Thema:ANALYSE – Operation IRINI: Das Waffenembargo gegen Libyen ist ein Witz
dpa
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