Der frühere einflussreiche Diplomat Christoph Heusgen hat den Afghanistankurs des früheren US-Präsidenten Donald Trump scharf kritisiert. „Die Trump-Administration war ein diplomatischer Amateurhaufen“, sagte der ehemalige Sicherheitsberater der Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Es sei ein schwerer Fehler gewesen, ein Abkommen mit den Taliban zu schließen und die afghanische Regierung beiseitezulassen.
Mit Blick auf Konsequenzen für Deutschland aus der Machtübernahme der Taliban sagte Heusgen, Einsätze der Bundeswehr sollten in Zukunft von klaren Erwartungen an die Regierung des jeweiligen Gastlandes abhängig gemacht werden. „Wir haben den Fehler gemacht, dass wir die afghanischen Verantwortlichen nicht zu guter Regierungsführung gezwungen haben. Wir hätten unsere Hilfe viel stärker an Bedingungen knüpfen müssen.“
Afghanische Politiker hätten in erster Linie an sich und ihre Clans gedacht, daher sei es nicht überraschend, dass sie kein Ansehen in der Bevölkerung und bei den Sicherheitskräften gehabt hätten. „Als es ernst wurde, haben alle das Weite gesucht. Das hätte man mit ein bisschen gesundem Menschenverstand vorhersehen können.“
Afghanistan war Mitte August nach rund zwei Jahrzehnten Engagement westlicher Staaten wieder an die Taliban gefallen. Die USA und Deutschland waren die größten Truppensteller.
Heusgen war 2017 nach zwölf Jahren im Kanzleramt als deutscher Botschafter zu den Vereinten Nationen nach New York gegangen. Ende Juni endete seine Amtszeit. Anschließend wurde er als Anwärter für die Nachfolge von Wolfgang Ischinger als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz gehandelt.