Öffentliche Investitionen in die Entwicklung strukturschwacher Regionen reduzieren einer Studie zufolge die Unterstützung für rechtspopulistische Parteien in Europa. In geförderten Regionen sei deren Stimmanteil im Durchschnitt um 15 bis 20 Prozent gesunken, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Papier des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Untersucht wurde dabei der Einfluss europäischer Regionalförderung auf die Ergebnisse bei Europawahlen. Gleichzeitig sei das Vertrauen in demokratische Institutionen gestiegen, während die Unzufriedenheit mit der Europäischen Union (EU) abgenommen habe. Die Unterstützung linkspopulistischer Parteien blieb demnach unbeeinflusst.
„Vor den Europawahlen im Juni befinden sich rechtspopulistische Parteien in fast allen Mitgliedsstaaten im Aufwind“, sagte Studien-Mitautor Robert Gold. „Unsere Forschung zeigt, dass Regionalförderung diesem Trend effektiv entgegenwirken kann.“
Gold und sein Mitautor Jakob Lehr von der Universität Mannheim analysierten die Europawahlergebnisse in 27 EU-Ländern von 1999 bis 2019, um die Auswirkungen der EU-Regionalpolitik auf die regionalen Stimmanteile populistischer Parteien zu bestimmen. Von 2000 bis 2020 investierte die EU demnach über drei Förderperioden hinweg mehr als 900 Milliarden Euro in die regionale Entwicklung, vor allem aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sowie dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Kohäsionsfonds (KF). Konkrete Maßnahmen seien von den nationalen und regionalen Regierungen definiert und kofinanziert worden.
Über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg erhielt eine geförderte Region den Angaben nach im Durchschnitt rund 1,4 Milliarden Euro an EU-Zuschüssen zur Regionalentwicklung, das entspreche rund 530 Euro pro Kopf. Der Stimmanteil rechtspopulistischer Parteien sei dadurch um zwei bis drei Prozentpunkte gesunken. 100 Euro EU-Regionalförderung pro Kopf reduzierten demnach den Stimmanteil rechtspopulistischer Parteien in einer Durchschnittsregion um 0,5 Prozentpunkte.
Als Grund für den Stimmenrückgang sehen die Autoren, dass die EU-Regionalförderung das Vertrauen in demokratische Prozesse und die Institutionen der EU in den geförderten Regionen erhöht habe. Basis für die Einschätzung sind Befragungsdaten von weit über 100.000 Haushalten.