18.09.2018, Hamburg: Menschen laufen auf der Mönckebergstraße in der Hamburger Innenstadt. (dpa)
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Menschen mit Einwanderungsgeschichte trauen sich der Parlamentsabgeordneten Giorgina Kazungu-Haß zufolge oft nicht, ihr passives Wahlrecht wahrzunehmen. „Gerade Menschen in der ersten Generation haben das Gefühl, immer dankbar sein zu müssen. Bei ihnen kommen Ängste auf: 'Ich bin jetzt schon eingebürgert worden, darf ich überhaupt verlangen, dass man mich wählt?'“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ältere Einwanderer-Generationen wollen „lieber nicht auffallen“

Diese Menschen wollten auf keinen Fall unangenehm auffallen oder irgendetwas falsch machen, diagnostiziert die Politikerin. Kazungu-Haß hat kenianische Wurzeln. Vor etwa fünf Jahren zog sie erstmals für die SPD in den Landtag von Rheinland-Pfalz ein, im März dieses Jahres wurde sie wiedergewählt.

Das Dankbarkeitsdenken der ersten Generation ziehe sich weiter durch bis zu den Kindern und Enkeln, sagt die Tochter eines kenianischen Vaters und einer deutschen Mutter. „Aber in der Politik geht es nicht um Dankbarkeit. In der Politik geht es um Durchsetzungskraft“, sagt Kazungu-Haß. Es reiche aber nicht, zu warten, bis jemand die Erlaubnis gibt, sich politisch zu engagieren: „Sondern man muss sagen: 'Hey, Deutschland, ich habe etwas zu bieten.'“

Politik hat „etwas Paternalistisches“

Ohne migrantische Perspektiven in den Parlamenten sei es schwierig, eine gute Politik zu machen, die auf Integration und Inklusion setzt, sagt Kazungu-Haß. „Aktuell hat die Politik oft etwas Paternalistisches, weil zwar über Leute und über ihre Bedürfnisse nachgedacht wird, diese selbst aber gar nicht gefragt werden.“

Für mehr Diversität in deutschen Parlamenten brauche es Wege, wie Menschen ihre eigene Motivation gut nutzen können, fordert die SPD-Politikerin. Modelle wie die Frauenförderung im öffentlichen Dienst ließen sich auch auf den Migrationshintergrund ausweiten.

Eine zunehmende Vertretung aller Menschen zeige sich immerhin nicht nur in den Parlamenten. „Für mich ist es zum Beispiel schön zu sehen: Da sind Polizisten, die eine Demo begleiten, und die sehen alle unterschiedlich aus“, sagt Kazungu-Haß. Zudem hätten Angestellte im öffentlichen Dienst ein anderes Selbstbewusstsein, wenn sie sich etwa bei einem Ortsverein für eine Kommunalwahl bewerben, weil sie schon für Deutschland arbeiten.

Quelle: epd

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