Saskia Esken - vielfach angefeindet, aber für viele auch Symbol für eine SPD als konsequent linke Volkspartei - will es noch einmal wissen. „Die SPD ist geeint, erfolgreich und stark wie seit Jahren nicht mehr. Diesen Weg möchte ich gerne fortsetzen“, begründete sie ihre Ankündigung, sich um eine neue Amtszeit als Parteichefin zu bewerben. Die Nominierung durch den Parteivorstand am Montag dürfte damit eine Formsache sein.
Einen Moment hatte Esken zuvor gezögert. Zwar hatte die 60-Jährige SPD-Vorsitzende grundsätzlich schon vor der Bundestagswahl Interesse bekundet, ihr Amt zu behalten. Mit dem Rückzug ihres bisherigen Duo-Partners Norbert Walter-Borjans ergab sich aber eine neue Lage. Auch schien sie sich als Alternative auch ein Ministeramt in der sich abzeichnenden, neuen Ampel-Regierung vorstellen zu können, zum Beispiel für ihre Kernthemen Bildung und Forschung einschließlich des Schlüsselthemas Digitalisierung.
Esken entscheidet sich für Partei - und gegen Ministeramt
Entschieden hat sie sich für das Parteiamt. „Ich sehe meine Aufgabe darin, die SPD zu modernisieren, ihre historisch gewachsenen Werte zu stärken und daraus mit den Mitgliedern und im Austausch mit der Gesellschaft sozialdemokratische Ideen und Positionen zu entwickeln“, beschrieb sie am Donnerstag in den Zeitungen ihrer Stuttgarter Heimatregion ihr Programm. Dabei dürfte es der Parteilinken auch darum gehen, ein Abrutschen der SPD nach rechts möglichst zu verhindern.
Dem rechten Parteiflügel wird nicht nur der voraussichtlich künftige Kanzler Olaf Scholz zugerechnet, sondern auch Eskens mutmaßlicher Duo-Partner, der bisherige Generalsekretär Lars Klingbeil. Mit ihm hatten sich Esken und der gleichfalls eher linke Walter-Borjans jedoch in den vergangenen beiden Jahren offensichtlich gut zusammengerauft. Es sei „kein Geheimnis, dass meine Zusammenarbeit mit Lars Klingbeil sehr erfolgreich war und ich ihn sehr schätze“, stellte sich die Parteichefin ausdrücklich hinter die erwartete Bewerbung des 43-Jährigen.
Zu Eskens größten Leistungen als Parteichefin gehört, gemeinsam mit Walter-Borjans die SPD, die lange bei Umfragewerten unterhalb von 15 Prozent festsaß, wieder aus dem Tief herausgeholt zu haben, bis hin zum Wahlsieg bei der Bundestagswahl. Das Doppel aus linker Parteiführung und dem eher rechten Finanzminister Olaf Scholz, dem Esken und Walter-Borjans ausdrücklich den Weg zur Kanzlerkandidatur gebahnt hatten, erwies sich - verbunden mit einer Reihe glücklicher Umstände und Schwächen der politischen Konkurrenz - als Erfolgsrezept.
Vor Parteivorsitz war Esken kaum bekannt
Bis sich Esken an der Seite von Walter-Borjans 2019 um den Parteivorsitz bewarb, war die Bundestagsabgeordnete aus dem schwäbischen Calw außerhalb ihres Wahlkreises kaum bekannt gewesen. Gleichwohl gelang es damals der Hinterbänklerin und dem aus dem Ruhestand zurückgekehrten früheren NRW-Finanzminister, den hoch favorisierten Scholz und seine Duo-Partnerin Klara Geywitz zu schlagen. Maßgebliche Unterstützung erhielten sie von den Jusos, mit denen sie in ihrer Kritik am Regierungsbündnis mit der Union übereinstimmten.
Dem Bundestag gehört Esken seit 2013 an. Da ihr der Gewinn des Direktmandats in der traditionellen CDU-Hochburg Calw verwehrt blieb, zog sie über die Landesliste ins Parlament ein. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten der gelernten Informatikerin zählte dort die Digitalpolitik. Doch auch in der Sozialpolitik und mit Forderungen nach einer gerechteren Vermögensverteilung meldete sie sich immer wieder zu Wort, ebenso mit Unterstützung für die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens.
Profil zeigte Esken auch in der Klimapolitik. Sie ist Mitglied von BUND und Greenpeace und unterstützt das Kampagnennetzwerk Campact. Zudem ist sie Gründungsmitglied des Calwer Bündnisses gegen Rechts. Bis 2014 war sie stellvertretende Vorsitzende des Landeselternbeirats Baden-Württemberg. Esken ist verheiratet und hat drei Kinder.
6 Nov. 2021
SPD-Chefin Esken entscheidet sich für Partei – und gegen Ministeramt
Esken will es als SPD-Chefin noch einmal wissen. Die Mit-Architektin des sozialdemokratischen Erfolgs möchte eine weitere Amtszeit als Parteichefin. Als ihr künftiger Duo-Partner ist der bisherige Generalsekretär Klingbeil im Gespräch.
AFP
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