Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Forderungen nach einem späteren Renteneintritt zurückgewiesen. „Für mich ist es eine Frage des Anstands, denen, die schon lange gearbeitet haben, nicht den verdienten Ruhestand streitig zu machen“, sagte Scholz in einer am Mittwoch veröffentlichten Videobotschaft zum Tag der Arbeit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland hätten 2023 so viele Stunden gearbeitet wie nie zuvor. „Deshalb ärgert es mich, wenn manche abschätzig vom ‚Freizeitpark Deutschland‘ reden - oder wenn gefordert wird, das Renteneintrittsalter anzuheben.“
Scholz warnte vor Verunsicherung durch immer neue Debatten um das Renteneintrittsalter. „Auch die Jüngeren, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, haben das Recht zu wissen, wie lange sie arbeiten müssen“, sagte er.
Einen Adressaten seiner Kritik nannte Scholz nicht ausdrücklich. Allerdings hatte der Koalitionspartner FDP auf dem Bundesparteitag am Wochenende eine Abschaffung der Rente mit 63 für langjährig Versicherte gefordert - und damit die Regierungspartner SPD und Grüne verärgert.
Als „großen Erfolg“ wertete Scholz die Einführung des Mindestlohns vor neun Jahren - und dessen Erhöhung auf zwölf Euro pro Stunde durch seine Regierung. „Der Anteil schlecht bezahlter Jobs in unserem Land ist dadurch geschrumpft“, sagte Scholz.
Allerdings sei er der Ansicht, es gebe immer noch zu viele Menschen, „die hart arbeiten für zu wenig Geld“, sagte der Kanzler. Deshalb gebe es zusätzliche Unterstützung durch Wohngeld, Kinderzuschlag und die Reduzierung von Sozialabgaben für Geringverdiener.
Erfreut zeigte sich der Kanzler über die aktuell hohen Tarifabschlüsse. „Gute Tarifabschlüsse sorgen auch dafür, dass viele Beschäftigte nun endlich wieder mehr Geld in der Tasche haben“, sagte er. „Experten sagen uns für dieses Jahr sogar ein besonders großes Plus voraus: durchschnittlich rund fünf Prozent bei den Löhnen.“
Die Arbeit werde „uns in den kommenden Jahren nicht ausgehen“, sagte Scholz. „Im Gegenteil! Wir brauchen mehr Arbeitskräfte.“ Deshalb sorge seine Regierung dafür, „dass diejenigen schneller in Arbeit kommen, die vor Russlands Krieg in der Ukraine zu uns geflohen sind“. Arbeit bedeute „mehr als Geldverdienen“, sagte Scholz. „Arbeit heißt auch: Dazugehören, Kolleginnen und Kollegen haben, Anerkennung und Wertschätzung erfahren.“