Nach dem Verzicht von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) auf ihren Doktortitel haben ihr Politiker mehrerer Parteien den Rücktritt nahegelegt. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki erklärte gegenüber der „Bild“-Zeitung (Samstagsausgabe), Giffeys Entscheidung „erlöst“ sie nicht. Die Frage, ob sie bei der Erstellung der Arbeit „geschummelt“ hat, müsse geklärt werden. „Stellt sich heraus, dass sie getäuscht hat, bleibt ihr nur der Rücktritt.“ Auch aus den Reihen ihrer eigenen Partei kam Kritik.
Giffeys Amtsvorgänger im Amt des Bürgermeisters von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), erklärte gegenüber „Bild“, Giffeys Verzicht komme „viel zu spät, um mit Anstand aus der Nummer rauszukommen“. Eigentlich bleibe ihr nichts anderes übrig, „als die Konsequenzen zu ziehen, die sie selbst vor gut einem Jahr angekündigt hat“, fügte er hinzu.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz (CDU) sagte, er habe Respekt vor Giffeys Entscheidung, sei nun "aber sehr gespannt, ob bei der SPD-Ministerin die gleichen Maßstäbe angelegt werden wie in den Fällen Guttenberg und Schavan".
Auch die AfD hatte Giffeys Rücktritt gefordert. „Giffeys Verzicht auf den Doktortitel kommt zu spät und entspringt rein taktischen Überlegungen“, erklärte der wissenschaftspolitische Sprecher der Berliner AfD-Fraktion, Martin Trefzer.
Die Bundesfamilienministerin hatte am Freitag in der Affäre um Plagiate in ihrer Dissertation erklärt, künftig ihren Doktortitel nicht mehr führen zu wollen. Ihre Arbeit als Bundesministerin will sie aber fortsetzen und wie angekündigt beim Berliner SPD-Parteitag für den Landesvorsitz kandidieren. Die Freie Universität (FU) Berlin hatte sich im Herbst 2019 gegen eine Aberkennung des Doktortitels entschieden. Zuletzt kündigte sie nach mehreren kritischen Gutachten aber an, neu über die Plagiatsvorwürfe zu entscheiden.
Über Plagiatsvorwürfe waren in den vergangenen Jahren mehrere Politiker gestürzt, unter anderem die einstige Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und der frühere CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.