Erstmals seit rund 70 Jahren zieht der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) mit einem Abgeordneten wieder in den Bundestag ein. Die Partei der dänischen Minderheit und der nationalen Friesen hatte zum ersten Mal seit 60 Jahren wieder an einer Bundestagswahl teilgenommen. Sie ist als Partei der nationalen Minderheit von der Fünf-Prozent-Hürde ausgeschlossen und musste nur so viele Stimmen gewinnen, dass ihr nach dem Berechnungsverfahren ein Sitz zusteht. Gewählt werden konnte der SSW nur in Schleswig-Holstein.
Für den SSW sitzt künftig der Flensburger Stefan Seidler - ein Vertreter der dänischen Minderheit - formal als fraktionsloser Abgeordneter im Parlament. Bereits früh am Abend sahen Hochrechnungen den SSW mit einem Abgeordneten im Bundestag. Der SSW rechnete bei der Wahlparty in Flensburg selbst auch nach und war gegen 22.20 Uhr überzeugt, dass es klappen wird. Seidler trat unter dem Jubel seiner Anhänger ans Mikrofon und verkündete: „Wir sind drin. Ein Mandat. Es muss jetzt auch mit ganz wilden Dingen zu gehen, wenn es nicht klappt.“ Der SSW könne eine unabhängige Stimme für die Minderheiten, für Schleswig-Holstein sein und den Finger in die Wunde legen, „wenn wir wieder zu kurz kommen“,w sagte Seidler.
In Schleswig-Holstein ist der SSW seit Jahrzehnten eine feste Größe und im Landtag sowie vielen Kommunalparlamenten vertreten. Von 2012 bis 2017 war die Partei zudem an der Landesregierung beteiligt. Gegründet wurde der SSW 1948 auf Anordnung der britischen Militärregierung als politische Interessenvertretung der dänischen Minderheit. Bei der Gründung schlossen sich auch die nationalen Friesen in Nordfriesland der Partei an. Die 1950 eingeführte Fünf-Prozent-Klausel galt zunächst auch für den SSW. In Verbindung mit der Bonn-Kopenhagener-Erklärung von 1955, die den Minderheitenschutz auf beiden Seiten der deutsch-dänischen Grenze festschrieb, wurde der SSW von der Fünf-Prozent-Klausel befreit.
Für den SSW ist es eine Rückkehr in den Bundestag nach sehr langer Zeit. Im Jahr 1949 schaffte Hermann Clausen als bislang einziger Abgeordnete für eine Legislaturperiode den Einzug in das Parlament. 1961 beschloss die Partei dann, nicht mehr für das Bundesparlament anzutreten. Seitdem wurde ein Comeback regelmäßig diskutiert, jedoch stets mehrheitlich abgelehnt. Im September 2020 stimmte ein Parteitag dann mehrheitlich für eine Teilnahme an der Bundestagswahl 2021.
27 Sep. 2021
dpa
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