Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht die derzeitige Infektionswelle gebrochen und plädiert für maßvolle Lockerungen. „Der Höhepunkt der Omikron-Welle ist überschritten – ziemlich genau an dem Tag, den ich vor einem Monat vorausgesagt hatte“, sagte Lauterbach am Dienstag der „Bild“-Zeitung. Die Länder streben ein einheitliches Vorgehen an, allerdings prescht Bayern mit der Aufhebung der Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene vor.
Lauterbach bescheinigt sich Präzision in der Einschätzung der Entwicklung
Die bisher bekannt gewordenen Vorschläge zur stufenweisen Lockerung trage er „voll mit“, sagte Lauterbach. „Mehr aber nicht, um keinen erneuten Anstieg zu riskieren.“ Der Gesundheitsminister hatte den Höhepunkt der Omikron-Welle vor einem Monat mithilfe eines Modells mehrerer Wissenschaftler für Mitte Februar prognostiziert. Nun zeige sich, wie gut das Modell funktioniere. „Die Maßnahmen haben genau gesessen“, sagte Lauterbach mit Blick auf die Corona-Beschränkungen.
Bund und Länder beraten am Mittwoch über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie. Einer am Montag bekannt gewordenen Beschlussvorlage zufolge sollen dabei schrittweise Lockerungen vereinbart werden, so dass zum 20. März alle tiefgreifenden Eindämmungsmaßnahmen aufgehoben werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sieht das Infektionsschutzgesetz mögliche Maßnahmen vor. Aufrechterhalten werden soll die Maskenpflicht, dafür muss aber das Gesetz erneut geändert werden.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte ein abgestimmtes Vorgehen der Bundesländer bei den Lockerungen. „Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, dass wir uns auf bundesweit einheitliche Regelungen verständigen“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Dienstag. „Einfache schrittweise Lockerungen halte ich für richtig.“ Allerdings sei „Corona noch nicht vorbei“, mahnte Dreyer zugleich.
Bayern für einheitliche Regeln
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich in der „Augsburger Allgemeinen“ für einheitliche Regelungen für Clubs und Diskotheken aus, „damit wir keinen Disco- oder Partytourismus bekommen“. In München kündigte der Regierungschef zugleich die Aufhebung der bisher geltenden Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene an. Die Bund-Länder-Vorlage sieht hier lediglich eine Anhebung der bislang geltenden Grenze von derzeit bis zu zehn Teilnehmern vor; im Gespräch ist eine Obergrenze von 20.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte mit Blick auf die geplanten Lockerungen eine tägliche Testpflicht für Altenpflege und Krankenhäuser an. „In dem Öffnungspapier steht kein Wort zu einem verbindlichen Test-Konzept für die Alten- und Krankenpflege“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. „Deutschland kann sofort lockern, wenn das Test-Regime stimmt.“
Die Ärzteorganisation Marburger begrüßte die Bund-Länder-Pläne für schrittweise Lockerungen. Das im Bund-Länder-Papier vorgesehene gestufte Vorgehen sei der richtige Ansatz, sagte die Vorsitzende Susanne Johna der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). Ein Stopp der Eindämmung auf einen Schlag sei zu gefährlich. Zugleich plädierte sie für die Beibehaltung der Maskenpflicht über den 20. März hinaus.
Hingegen kritisierte Weltärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery die geplanten Lockerungen. In der Beschlussvorlage werde unterschlagen, „dass im Moment die Hospitalisierungszahlen und Intensiveinweisungen noch steigen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben). Es sei zwar richtig, einen Plan für Lockerungen zu machen. Dass man diese aber „an kalendarische Daten knüpft, halte ich für problematisch, denn das Virus kümmert sich nicht um den kalendarischen Frühlingsanfang“.