Bei der Mitgliederbefragung der FDP hat sich eine knappe Mehrheit gegen den Austritt aus der Ampel-Koalition ausgesprochen. 47,76 Prozent votierten für ein Ausscheiden aus dem Regierungsbündnis mit SPD und Grünen, 52,24 Prozent stimmten für den Verbleib in der Koalition, wie am Montag aus Parteikreisen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP verlautete. An der nicht bindenden Abstimmung beteiligten sich demnach 26.058 der rund 72.000 Mitglieder.
Mit dem nun vorgelegten Votum ist der Vorstoß der parteiinternen Ampel-Gegner, an der FDP-Basis eine Mehrheit gegen die Regierungsbeteiligung zu organisieren, gescheitert. Die Befragung ging auf die Initiative von 598 Parteimitgliedern vor allem aus dem Kreisverband Kassel zurück, die mit der Beteiligung an der Ampel-Koalition unzufrieden waren. Die Parteiführung hatte für einen Verbleib in der Koalition geworben.
Auch wenn das Votum knapp ausfiel: Führende FDP-Vertreter deuteten es in ersten Reaktionen als Rückendeckung für die weitere Regierungsbeteiligung. Angesichts der Beteiligung von weniger als 40 Prozent sprach FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki von einer „schweigenden Mehrheit“, die offenbar keinen Austritt aus der Regierung wollte.
„Tatsache ist nun: Die Partei will die weitere Beteiligung der FDP in der Regierung mit klarer Mehrheit“, sagte Kubicki den Funke-Zeitungen. Gleichzeitig rief der Vize-Vorsitzende seine Partei dazu auf, geschlossener als bisher aufzutreten. „Das Genölke muss aufhören“, sagte er. „Wir wollen, müssen und werden alle Kräfte bündeln, um 2025 wieder ein zweistelliges Ergebnis zu erreichen.“
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb im Onlinedienst X (vormals Twitter), das Ergebnis zeige, dass eine Mehrheit der FDP-Basis möchte, dass die Partei weiter Verantwortung übernehme. Einschränkend fügte der Minister hinzu: „Das konkrete Ergebnis ist aber auch ein Auftrag“ - an wen und wozu, ließ Buschmann zunächst offen.
Kritischer äußerte sich der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler. Er wertete das Ergebnis als „deutlichen Warnschuss“. Auf X schrieb er: „Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Die FDP muss klarer für ihre Positionen stehen und sich der 'Vergrünung' der Politik widersetzen.“ Schäffler hatte 2010 einen letztlich gescheiterten FDP-Mitgliederentscheid gegen den Euro-Rettungsschirm ESM initiiert.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann schrieb auf X: „Wir zeigen als Partei weiterhin Verantwortung für unser Land.“ Das Ergebnis der Befragung gebe der Partei „die notwendige Unterstützung, in der Ampel noch besser zu werden“.
Die Teilnahmefrist für die vor zwei Wochen gestartete Online-Befragung hatte am Montagmittag geendet. Die Frage lautete: „Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?“ Die Mitglieder konnten darauf mit Ja oder Nein antworten.
Die Satzung der FDP sieht vor, dass 500 Unterschriften von Mitgliedern ausreichen, um eine nicht bindende Befragung unter den insgesamt rund 72.000 Parteimitgliedern abzuhalten. Die Parteiführung hatte für einen Verbleib der FDP in der Koalition geworben.
Abstimmungsberechtigt waren nach Parteiangaben alle Mitglieder der FDP, die spätestens am 14. Dezember als Mitglied mit einer Email-Adresse in der Mitgliederverwaltung verzeichnet waren. Dies traf nach Parteiangaben auf 65.900 Mitglieder zu, die sich nun an der Befragung beteiligen durften.
Anlass des Mitgliederentscheids war ein offener Brief von 26 FDP-Landes- und Kommunalpolitikern. Sie hatten die FDP nach den schlechten Wahlergebnissen in Hessen und Bayern aufgefordert, ihre Koalitionspartner zu überdenken. In Bayern hatte die FDP im vergangenen Oktober den Einzug in den Landtag verpasst. In Hessen scheiterte sie knapp an der Fünf-Prozent-Hürde.
Zuvor war die FDP seit ihrem Eintritt in die Ampel-Koalition bei fünf weiteren Landtagswahlen gescheitert. Bei den Wahlen in Berlin, Niedersachsen und im Saarland scheiterte sie ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen blieb sie zwar im Landtag, schied aber aus der Regierung aus. Die Beteiligung an der Ampel-Koalition auf Bundesebene war in Teilen der Partei von Anfang an umstritten.