Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich während seiner Amtszeit als Hamburger Bürgermeister bereits 2016 zwei Mal mit Christian Olearius getroffen, dem Mitinhaber der Warburg Bank. Das geht aus Tagebuchaufzeichnungen von Olearius hervor, die von der Justiz beschlagnahmt sind und der Wochenzeitung „Die Zeit“, der „Süddeutschen Zeitung“ und dem NDR-Magazin „Panorama“ vorliegen und am Donnerstag online veröffentlicht wurden. Bislang war nur ein Treffen von Olearius mit Scholz aus dem Jahr 2017 bekannt. Gegen die Warburg Bank und Olearius liefen zu der Zeit Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Der Bank drohte eine hohe Steuernachzahlung wegen ihrer Verwicklung in sogenannte Cum-Ex-Geschäfte. „Der Bundesfinanzminister hat dem Finanzausschuss bereits vor einiger Zeit über die Vorgänge, die mehrere Jahre zurückliegen, berichtet und auch öffentlich Stellung genommen“, teilte das Finanzministerium in Berlin auf Anfrage mit. „Er hat dargelegt, dass er sich in seiner vorhergehenden Funktion als Erster Bürgermeister der Hansestadt Hamburg aus konkreten Steuerverfahren immer herausgehalten hat.“ Olearius wollte Scholz ausweislich der Tagebücher über die Rechtsposition der Bank informieren. Einen Beleg für ein Fehlverhalten von Scholz enthalten die veröffentlichten Auszüge nicht. Der damalige Bürgermeister sagte Olearius demnach, er möge ein von ihm vorbereitetes Schreiben an den fachlich zuständigen Finanzsenator senden, den heutigen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).
„Olaf Scholz muss die Karten jetzt umfassend auf den Tisch legen“
Bereits vor der Hamburger Bürgerschaftswahl waren im Februar dieses Jahres Vorwürfe laut geworden, Scholz und Tschentscher hätten unzulässig zugunsten der Warburg Bank in das Steuerverfahren eingegriffen und ihr so hohe Steuer-Nachforderungen zunächst erspart. Beide Politiker hatten das strikt zurückgewiesen und betont, das Verfahren sei ohne politische Einflussnahme von der Steuerverwaltung geführt worden.
Der finanzpolitische Sprecher der Linke-Bundestagsfraktion, Fabio de Masi, warf dagegen Scholz vor, dieser habe die Unwahrheit gesagt, indem er die Treffen 2016 bei seiner Befragung im Finanzausschuss im März dieses Jahres auf ausdrückliche Nachfragen nicht offenbart habe. Er werde das erneute Erscheinen von Scholz vor dem Finanzausschuss beantragen. Dies forderte auch die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Lisa Paus. „Es ist mehr als irritierend, dass der Finanzminister die Treffen im Finanzausschuss verschwiegen hatte. Wer verschweigt, hat etwas zu verbergen“, sagte Paus. „Olaf Scholz muss die Karten jetzt umfassend auf den Tisch legen.“
Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand ein Milliardenschaden.