Die Bundesregierung will Abschiebungen aus Deutschland vorantreiben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verabschiedete das Kabinett am Mittwoch in Berlin. Darin ist unter anderem vorgesehen, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams von derzeit 10 auf 28 Tage zu verlängern. Ferner sind erweiterte Befugnisse von Behörden sowie ein härteres Vorgehen gegen Schleuser geplant. Mit dem Gesetz, das noch vom Bundestag verabschiedet werden muss, will die Bundesregierung die Zahl der kurzfristig gescheiterten Abschiebungen reduzieren.
Laut Entwurf für das so genannte Rückführungsverbesserungsgesetz sollen Behördenmitarbeiter auf der Suche nach Abzuschiebenden in Gemeinschaftsunterkünften auch die Räume Dritter betreten dürfen. Zudem sollen Abschiebungen unter bestimmten Umständen nicht mehr angekündigt werden müssen. Mitglieder krimineller Vereinigungen sollen künftig leichter ausgewiesen werden können. Wohnungen sollen nach Datenträgern und Unterlagen durchsucht werden dürfen, um die Identität und Staatsangehörigkeit Betroffener zu klären.
Um die Behörden zu entlasten, soll der Aufenthalt in Deutschland während des Asylverfahrens für jeweils sechs statt bisher nur drei Monate genehmigt werden. Auch anderen Gruppen soll der Aufenthalt für jeweils längere Zeiträume genehmigt werden.
Zwischen Januar und Juni dieses Jahres gab es nach einer Auskunft der Bundesregierung an die Linksfraktion insgesamt 7861 Abschiebungen aus Deutschland. Im Vorjahreszeitraum waren es nach einer Angabe aus dem vergangenen Jahr 6198 Abschiebungen. Am 30. Juni waren insgesamt 279.098 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. Die meisten von ihnen (224.768) waren aber geduldet und können nicht abgeschoben werden. Gründe dafür können Krankheiten oder mangelnde Papiere sein.
Faeser zielt mit ihrem Gesetzentwurf auf einen konsequenteren Vollzug von Abschiebungen auf deutscher Seite. Oft fehlt es aber auch an Kooperationsbereitschaft in den Herkunftsländern.
Kritik kommt von unterschiedlichen Seiten
Sowohl aus der Union als auch von Flüchtlingsverbänden kam Kritik an den Plänen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU), begrüßte den Abbau von Hürden für Abschiebungen. Er merkte aber an: „Entscheidend ist, den ungezügelten Zustrom der Asylmigration auszubremsen.“ Unerlaubte Einreisen nach Deutschland und Europa müssten reduziert werden. Wiebke Judith von Pro Asyl bemängelte, die Bundesregierung opfere die Rechte der Betroffenen dem «rechtspopulistischen Diskurs». „Verschärfte Abschiebungsregeln werden kaum dazu führen, dass nennenswert mehr Menschen abgeschoben werden.“
Kritik kam aber auch aus den Reihen der Ampel-Koalition: Jamila Schäfer von der Bundestagsfraktion der Grünen sagte dem Nachrichtenportal „t-online“: „Wir dürfen nicht so tun, als läge die Lösung beim Thema Migrationspolitik vor allem bei Abschiebungen, weil die meisten Menschen gar nicht abgeschoben werden können, weil sie aus Kriegsgebieten wie der Ukraine, Syrien oder Afghanistan kommen.“
Kanzler Scholz wirbt um Unterstützung des Gesetzespakets
Bereits vor dem Kabinettsbeschluss forderte Bundeskanzler Olaf Scholz den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz in einem Brief auf, bei den CDU-geführten Ländern und in seiner Fraktion um Unterstützung des Gesetzespakets zu werben, damit es noch in diesem Jahr verabschiedet werden könne. „Das Problem lässt sich in der Tat nur im engen Schulterschluss lösen - mit unseren europäischen Partnern und allen föderalen Ebenen unseres Landes“, heißt es in dem Schreiben, das auf Montag datiert ist. Es sei ihm wichtig, dass es über das Gesetzespaket beim Bund-Länder-Gipfel am 6. November zu konkreten Verabredungen zur Regelung der Migration komme.
Mit dem Brief antwortete Scholz auf ein Schreiben des CDU-Vorsitzenden Merz vom vergangenen Freitag, in dem dieser eine „kleine, paritätisch besetzte Verhandlungsgruppe aus Vertretern Ihrer Regierung und meiner Fraktion“ zur irregulären Migration vorschlug. Auf diese Idee ging Scholz nicht konkret ein, zeigte sich aber grundsätzlich zu weiteren Gesprächen mit Merz bereit. Ein erstes Treffen auch mit Ländervertretern hatte vor zwei Wochen im Kanzleramt stattgefunden.