Die Regierung in Pristina hat die von Serben im Norden des Kosovo errichteten Barrikaden kritisiert. Kosovo-Serben hatten am Sonntagabend an der Grenze zu Serbien aus Protest gegen die Einführung neuer Grenzregelungen die Straßen versperrt. Unbekannte hätten außerdem Schüsse auf Polizeibeamte abgefeuert, teilte die Polizei mit.
Hunderte Kosovo-Serben hatten mit Lastwagen und anderen schweren Fahrzeugen die Straßen zu den Grenzübergängen blockiert, wie ein AFP-Journalist berichtete. Verletzt wurde niemand. Die Grenzübergänge Jarinje und Brnjak wurden vorübergehend geschlossen. Die kosovarische Regierung erklärte daraufhin, die Einführung der Grenzregelungen um einen Monat zu verschieben. Die Umsetzung erfolge nun erst zum 1. September.
Infolge der neuen Grenzregelungen der kosovarischen Behörden sollten ab Montag bei der Einreise keine serbischen Personaldokumente mehr anerkannt werden. Serben hätten sich für einen Aufenthalt im Kosovo ein provisorisches Dokument ausstellen lassen müssen. Zudem sollten Kosovo-Serben mit serbischen Autokennzeichen diese binnen zwei Monaten durch kosovarische Kennzeichen ersetzen.
Es handele sich dabei um eine Maßnahme der Gegenseitigkeit, da Serbien von Kosovaren bei der Einreise das Gleiche verlange, hatte der kosovarische Regierungschef Albin Kurti am Sonntag erklärt.
Türkischer Außenminister erklärt Bereitschaft zur Vermittlung
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu schaltete sich in die Vermittlungsbemühungen zwischen den beiden Staaten ein. Am Samstagabend teilte Ankaras Chefdiplomat auf Twitter mit, dass er seine serbischen sowie kosovarischen Amtskollegen, Nikola Selaković und Donika Gërvalla-Schwarz, kontaktiert habe. „Türkiye legt immer Wert auf Frieden und Stabilität auf dem Balkan“, schrieb Çavuşoğlu nach dem Treffen auf Twitter. „Wir sind bereit, unseren Beitrag zum Abbau von Spannungen zu leisten.“
Der US-Botschafter im Kosovo, Jeffrey Hovenier, bat die Regierung in Pristina um einen Aufschub der Umsetzung um 30 Tage. Dieser Bitte kam die Regierung am Abend schließlich nach. Sie forderte zudem, dass am Montag „alle Barrikaden entfernt werden und die volle Bewegungsfreiheit wieder hergestellt wird“. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell begrüßte die Entscheidung Pristinas auf Twitter.
Serbischer Präsident spricht von „komplexer“ Lage
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic hatte zuvor am Sonntag erklärt, die Lage im Kosovo sei für die dort lebenden Serben und für Serbien „noch nie so komplex“ gewesen. Die Atmosphäre sei „am Siedepunkt“. Die Nato-geführte KFOR-Schutztruppe bezeichnete die Sicherheitslage im Norden des Kosovo ebenfalls als angespannt.
Die Ursache des Streits liegt in der ungeklärten Grenzfrage: Das Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig von Serbien erklärt, die Regierung in Belgrad hält das Kosovo aber weiter für eine abtrünnige Provinz.