Parlamentswahl in Irland (dpa)
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Nach der vorgezogenen Parlamentswahl droht Irland eine schwierige Regierungsbildung. Die am Sonntag begonnene Auszählung der Stimmen könnte mehrere Tage dauern. Laut Nachwahlbefragungen lagen drei Parteien gleichauf: Die Regierungspartei Fine Gael von Ministerpräsident Leo Varadkar kam dabei auf 22,4 Prozent, die größte Oppositionspartei Fianna Fail auf 22,2 Prozent. Überraschend stark schnitt demnach die republikanische Sinn-Fein-Partei mit 22,3 Prozent ab. Die Auszählung der Stimmen könnte wegen des komplizierten Wahlverfahrens mehrere Tage dauern. In Irland stimmen die Wähler nicht über eine festgelegte Liste ab, sondern erstellen ihre eigene Liste, indem sie die Kandidaten nach Präferenz einstufen. Bei der Nachwahlbefragung von 5000 Wählern durch Ipsos MRBI für irische Medien liegt die Fehlerquote bei geschätzt 1,3 Prozent. Regierungschef Varadkar hatte Mitte Januar die vorgezogene Neuwahl angesetzt. Bei den Wahlen im Februar 2016 hatte seine konservative Fine Gael eine Mehrheit verfehlt. Seither war sie auf die Unterstützung der größten Oppositionspartei Fianna Fail angewiesen, die jedoch zunehmend bröckelte. Die beiden Mitte-rechts-Parteien Fine Gael und Fianna Fail stellten seit der Unabhängigkeit Irlands vor fast einem Jahrhundert fast immer abwechselnd die Regierung oder regierten zusammen. Umso überraschender ist das offenbar starke Abschneiden der linksgerichteten Sinn Fein. Die Partei strebt ein vereintes Irland an - mit dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland. Fine Gael und Fianna Fail haben eine Zusammenarbeit mit dem einstigen politischen Flügel der irischen Untergrundarmee IRA jedoch ausgeschlossen. Fianna-Fail-Chef Micheal Martin erklärte zudem, seine Partei werde auch den bisherigen Koalitionspartner nicht mehr unterstützen. Allerdings gehen Experten davon aus, dass es sich bei solchen Aussagen um reine Wahlkampfrhetorik handelt. „Wir haben noch nie ein derartiges Wahlergebnis gesehen“, sagte der Politikredakteur der Zeitung „The Irish Times“, Pat Leahy. Sollten die Parteien nicht zu Kompromissen bereit sein, könnte die Regierungsbildung eine „sehr schwierige Aufgabe“ werden, sagte er dem Sender RTE. Der Geschichtsprofessor Eunan O'Halpin vom Trinity College in Dublin schätzt, dass es zweieinhalb Tage dauern wird, bis die Verteilung der rund 160 Sitze im Parlament bekannt ist. Bis eine Regierung steht, wird noch deutlich mehr Zeit vergehen. Nach der Wahl 2016 dauerte es 70 Tage, bevor sich die Parteien auf die Minderheitsregierung unter Fine Gael einigten. Varadkar, seit fast drei Jahren der erste offen homosexuelle Regierungschef des einst streng katholischen Landes, steht für ein neues, modernes Irland. Im Wahlkampf stellte der 41-Jährige seine starke Rolle in den Brexit-Verhandlungen zwischen London und Brüssel in den Mittelpunkt. Bei den Wählern konnte er damit offenbar nicht punkten. In der Nachwahlbefragung gab nur ein Prozent der Befragten an, dass dieses Thema für sie eine Rolle gespielt habe. Für 32 Prozent war die Gesundheitspolitik wichtiger, für 26 Prozent gab die Wohnungsbaupolitik den Ausschlag.

AFP