Im Streit um Fischereilizenzen droht Frankreich Großbritannien weiter mit Sanktionen. „Alle Optionen bleiben offen“, sagte der französische EU-Staatssekretär Clément Beaune nach einem Treffen mit dem britischen Brexit-Beauftragten David Frost am Donnerstag in Paris. Er zeigte sich erfreut, dass der Dialog wieder aufgenommen worden sei. Am Freitag stehe ein Treffen zwischen Frost und dem EU-Kommissionsvizepräsidenten Maros Sefcovic in Brüssel an, fügte er hinzu. Dabei dürfte es aber vor allem um den Streit über die Brexit-Regelungen für Nordirland gehen. In der Auseinandersetzung über Fischereilizenzen in dem zwischen beiden Ländern liegenden Ärmelkanal wirft Frankreich Großbritannien vor, sich nicht an Brexit-Abmachungen zu halten und französischen Fischern entgegen der Vereinbarung Lizenzen zu verweigern. London weist die Anschuldigungen zurück. Es gehe um einige Dutzend Boote, die aufgrund fehlender Dokumente keine Lizenz erhalten hätten. Ein französisches Ultimatum mit angedrohten Strafmaßnahmen hatte Paris wegen laufender Gespräche am Montag ausgesetzt.
„Es gibt noch große Meinungsverschiedenheiten“
„Es gibt noch große Meinungsverschiedenheiten“, sagte Beaune nach dem Treffen. Konkret gehe es um ständige Lizenzen für etwa 200 französische Fischerboote. Nach dem Brexit-Abkommen dürfen französische Fischer in britischen Gewässern weiter ihrer Arbeit nachgehen, wenn sie vorher schon dort gefischt haben. Frankreich und Großbritannien sind sich jedoch nicht darüber einig, wie dies nachzuweisen ist.
Noch vor wenigen Tagen hatte Paris der britischen Regierung damit gedroht, einige Häfen für britische Fischer zu sperren sowie britische Boote und Lastwagen schärfer zu kontrollieren. London hatte dies als „unverhältnismäßig und unangemessen“ bezeichnet und Gegenmaßnahmen angekündigt. Die drohende Eskalation mit dem auslaufenden Ultimatum am Dienstag wurde dann durch die neue Gesprächsrunde abgewendet. Paris teilte am Montagabend mit, vorerst auf Sanktionen zu verzichten.
Fischereistreit Wahlkampfthema für Macron
Unklar war, ob Großbritannien im Gegenzug für die vorübergehende Rücknahme der Sanktionsdrohungen Zugeständnisse gemacht hatte. Frost sagte dem Sender Sky News, es seien im Vorlauf des Treffens keine neuen Lizenzen vergeben worden. Frankreichs beigeordneter Verkehrsminister Jean-Baptiste Djebbari hingegen sprach im Sender Europe 1 von 49 Lizenzen, die am Montag von London erteilt worden seien. Auch Beaune sprach am Abend von rund 50 Lizenzen, die Anfang der Woche erteilt worden seien.
Etwa ein Viertel des Fangvolumens der französischen Fischer stammt aus britischen Gewässern. Über die Fischereiprobleme hinaus ist die Angelegenheit für beide Staaten eine Frage des nationalen Stolzes geworden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron befindet sich bereits im Wahlkampfmodus und wird von seinen Gegnern gedrängt, Großbritannien gegenüber Härte zu zeigen.