Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat nach eigenen Angaben die größte medizinische Evakuierung aus dem Gazastreifen seit Beginn des israelischen Vernichtungskrieges am 7. Oktober vorgenommen. 97 kranke und schwerverletzte Patienten seien aus dem palästinensischen Gebiet zur Spezialbehandlung nach Abu Dhabi gebracht worden, erklärte die WHO am Donnerstag. Die Patienten, darunter auch 45 Kinder, leiden unter einem breiten Spektrum von Krankheiten wie Krebs, schwerem Trauma und anderen Verletzungen.
„Dies war die bislang größte Evakuierung aus Gaza seit Oktober 2023“, sagte Richard Peeperkorn, WHO-Repräsentant für die Palästinensergebiete, zu Reportern. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus lobte den Erfolg eines „hochkomplexen“ Einsatzes „trotz schwerer operativer Herausforderungen und Unsicherheit“.
Die Patienten und 155 Begleiter waren zunächst von vier Orten innerhalb des Gazastreifens zu einem Krankenhaus im Zentrum des Territoriums gebracht worden, bevor sie nach Abu Dhabi ausgeflogen werden konnten. Nach Angaben der WHO war es besonders kompliziert, Patienten aus dem schwer erreichbaren Norden des Gazastreifens zu holen. Die ausgeflogenen Kranken gehören zu den mehr als 10.000 Menschen, die nach Einschätzung der WHO dringend aus medizinischen Gründen evakuiert werden müssten.
Humanitäre Krise in Gaza
Israel startete nach dem Vergeltungsschlag der Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober einen Vernichtungskrieg in Gaza. Erklärtes Ziel der israelischen Angriffe ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bisher Zehntausende Zivilisten getötet.
Israel stoppte die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom und startete zugleich massive Luftangriffe. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein.
Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel behindert. Mehr als eine Million Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Mittlerweile ist die Infrastruktur in Gaza fast komplett zerstört und es gibt kaum noch unbeschädigte Gebäude. UN-Organisationen bezeichnen die humanitäre Lage vor Ort als katastrophal.
Von den 36 Krankenhäusern in Gaza sind nur noch wenige teilweise in Betrieb. Zudem leidet laut Hilfsorganisationen ein Großteil der rund zwei Millionen Menschen an Infektionskrankheiten, die aktuell nicht behandelt werden können.
Palästinensischen Angaben zufolge wurden seit dem 7. Oktober mehr als 41.000 Palästinenser getötet – die meisten davon Frauen und Minderjährige. Mehr als doppelt so viele Menschen wurden demnach verletzt. Die Dunkelziffer wird weitaus höher geschätzt, da vermutlich noch Tausende Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Zudem sollen rund 10.000 Palästinenser von israelischen Soldaten verschleppt worden sein.