Mindestens 22.500 Menschen im Gazastreifen benötigen nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) teils jahrelange medizinische Rehabilitationsmaßnahmen. Derzeit könne der große Bedarf an Therapien, Prothesen und Gehhilfen kaum gedeckt werden, hieß es von der UN-Organisation in Genf. „Wir brauchen dringend Hilfe im Bereich der Rehabilitation“, forderte WHO-Vertreter Richard Peeperkorn in einer Videoschalte aus dem Gazastreifen. „Wir können nicht bis zu einem Waffenstillstand und einer Friedensvereinbarung warten.“
Tausende Amputationen
Die von der WHO genannte Zahl bezieht sich auf schwere Verletzungen vom Beginn des israelischen Vernichtungskriegs im Gazastreifen vor knapp einem Jahr bis zum vergangenen Juli. Sie entspricht etwa einem Viertel aller Verletzungen in diesem Zeitraum. Die meisten der Patienten mit Reha-Bedarf haben Schäden an Gliedmaßen erlitten. Die WHO schätzt, dass seit Beginn des Gaza-Krieges etwa 3.000 bis 4.000 Amputationen vorgenommen wurden.
Seit Dezember verfügt der Gazastreifen über keine funktionierende Einrichtung für Gliedmaßen-Rekonstruktion und -Rehabilitation mehr. Laut WHO fehlt das nötige Material und Personal. Im Zuge des Krieges seien viele Fachleute durch israelische Angriffe getötet worden, hieß es.
Israelischer Vernichtungskrieg in Gaza
Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bislang Zehntausende Zivilisten von Israels Armee getötet.
Humanitäre Hilfslieferungen werden seither von Israel behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Doch auch dort sind sie israelischen Angriffen ausgesetzt. Zudem herrscht eine akute Hungerkrise, die Hungertote fordert.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober mehr als 41.000 Menschen getötet und mehr als doppelt so viele verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder.