Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen hat einen Eilantrag Südafrikas auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines von Israel auf die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen geplanten Großangriffs abgelehnt. Die gefährliche Situation in dem Ort voller Flüchtlinge verlange „die unverzügliche und wirksame Umsetzung der Aufforderungen des Gerichts“, die dieses Ende Januar erlassen hatte, teilte der Gerichtshof am Freitag an seinem Sitz in Den Haag mit. Diese Aufforderungen hätten Geltung für den gesamten Gazastreifen, einschließlich Rafah. „Ein Erlass zusätzlicher Maßnahmen ist nicht erforderlich“, hielt das Gericht fest.
Die Richter hatten Israel im Januar aufgetragen, einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern und alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das Leben der Palästinenser zu schützen. Israel muss demnach auch mehr humanitäre Hilfe zulassen. Dabei handelte es sich um eine Vorentscheidung in dem Verfahren, das Südafrika gegen Israel vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen angestrengt hatte. Südafrika wirft Israel die Verletzung der Völkermordkonvention vor. Israel weist die Vorwürfe entschieden zurück.
Nach Israels jüngster Ankündigung eines Großangriffs auf Rafah stellte Südafrika Anfang der Woche den Eilantrag. Das Weltgericht solle die Rechtmäßigkeit dieses Großangriffs prüfen und klären, ob dieser nicht gegen die Anordnung von Ende Januar verstoße.
Seitdem die Palästinenser im Norden des Gazastreifens durch israelische Luftangriffe aus ihren Häusern vertrieben wurden, drängen sich in Rafah unmittelbar an der ägyptischen Grenze auf engstem Raum mehr als 1,3 Millionen Menschen zusammen. Die meisten von ihnen sind geflohen, um dort unter schwierigsten Bedingungen Schutz vor weiteren Angriffen Israels zu suchen. Verbündete wie die USA und Deutschland machten zuletzt deutlich, dass sie Israel von einem Großangriff auf Rafah entschieden abraten. Die Vereinten Nationen haben für den Fall eines solchen Großangriffs vor einer humanitären Katastrophe größten Ausmaßes gewarnt.
Israels Vernichtungskrieg in Gaza
Israel hatte nach dem 7. Oktober die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom gestoppt und zugleich massive Luftangriffe gestartet. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein. Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel seitdem behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Nun sollen sie laut Israel auch den Süden räumen, obwohl das Gebiet an der Grenze zu Ägypten liegt.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober mehr als 28.700 Menschen getötet und Zehntausende verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Ein Großteil der Getöteten besteht aus Kindern und Frauen.