Gut drei Monate nach dem Beginn des Gaza-Krieges muss sich Israel erstmals vor einem internationalen Gericht für seine massiven Angriffe verantworten. Südafrika hatte Israel vor dem Internationalen Gerichtshof mit Sitz in Den Haag verklagt und des Völkermordes beschuldigt. Die Anhörungen dazu wurden nun für den 11. und 12. Januar angesetzt, wie das höchste UN-Gericht am Mittwochabend in Den Haag entschied.
Südafrika hatte sich bei der Klage vom 29. Dezember auf die Völkermordkonvention berufen. Beide Staaten haben diese Konvention unterzeichnet. Die UN-Richter sollen aus Sicht Südafrikas im Eilverfahren ein Ende der Angriffe auf Palästinenser anordnen, um deren Rechte zu schützen.
Nach Ansicht von Südafrika haben die brutalen Angriffe Israels „einen völkermörderischen Charakter“, da sie auf die Vernichtung der Palästinenser in diesem Gebiet abzielten. Israel wies die Anschuldigungen entschieden zurück.
Allerdings könnten Äußerungen von Polizeiminister Itamar Ben-Gvir von der rechtsextremen Partei Otzma Jehudit und von Finanzminister Bezalel Smotrich von der rechtsextremen Religiös-Zionistischen Partei Israel weitere Probleme in dem Verfahren in Den Haag bereiten: Beide hatten über eine mögliche Vertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen in andere Länder spekuliert. Die USA, die EU und Länder wie Deutschland und Frankreich hatten die Äußerungen zurückgewiesen.
Israels Kulturminister Miki Sohar von der konservativen Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dementierte, dass Israel an solchen Gesprächen beteiligt sei. „Es ist klar, dass niemand in Israel traurig wäre, wenn sie (die Palästinenser) freiwillig gingen. Aber das ist nicht realistisch und die internationale Gemeinschaft würde das auch nicht akzeptieren“, sagte er der Nachrichtenseite ynet. Solche Themen solle man nicht auf offener Bühne diskutieren.
Der Gerichtshof ist das höchste Gericht der Vereinten Nationen und soll bei Konflikten zwischen Staaten Recht sprechen. Urteile sind bindend. Allerdings haben die UN-Richter selbst keine Möglichkeit, Urteile auch durchzusetzen. Dazu müssten sie den UN-Sicherheitsrat anrufen.
Vernichtungskrieg in Gaza
Israel nahm den Vergeltungsschlag der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober als Vorwand, um einen Vernichtungskrieg gegen die Menschen in Gaza zu starten. Ultrarechte Politiker der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zitieren als Rechtfertigung immer wieder Verse aus dem Alten Testament. Erklärtes Ziel der israelischen Angriffe ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bislang Zehntausende Zivilisten getötet.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza bisher mehr als 22.000 Menschen durch die Angriffe Israels getötet. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Zudem blockiert Israel seit Anfang Oktober den Zugang der Palästinenser zu Wasser, Lebensmitteln, Arzneien, Treibstoff, Gas und Strom.