Die Äußerungen des israelischen Finanzministers Bezalel Smotrich, mit denen er die Nahrungsmittelhilfe für die notleidenden Palästinenser im Gazastreifen bedauert und ein Aushungern als moralisch gerechtfertigt bezeichnet, sorgen international für Empörung. „Es sind völlig inakzeptable und empörende Äußerungen des israelischen Finanzministers. Wir weisen sie auf das Allerschärfste zurück“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin.
„Es ist ein Gebot der Menschlichkeit und ein Grundprinzip des humanitären Völkerrechts, das auch im Krieg Zivilistinnen und Zivilisten geschützt werden müssen und zum Beispiel Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln bekommen müssen“, so der Sprecher.
EU: Aushungern von Zivilisten ist Kriegsverbrechen
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilte mit, man erwarte von der israelischen Regierung, dass sie sich eindeutig von den Worten von Minister Smotrich distanziere. Die Äußerungen zeigten erneut dessen Verachtung für das Völkerrecht und die grundlegenden Prinzipien der Menschlichkeit. Das absichtliche Aushungern von Zivilisten sei ein Kriegsverbrechen.
Smotrich hatte laut israelischen Medienberichten eine Blockade der Hilfsgüter bis zur Übergabe aller festgehaltenen Israelis als moralisch und gerechtfertigt bezeichnet, selbst wenn dies den Hungertod von zwei Millionen Menschen im Gazastreifen bedeute, so Smotrich.
Paris: Hilfe ist verpflichtend
Das Pariser Außenministerium sprach von „skandalösen Äußerungen“ und rief die israelische Regierung ebenfalls auf, „diese inakzeptablen Äußerungen scharf zu verurteilen“. „Frankreich erinnert daran, dass die Bereitstellung humanitärer Hilfe für zwei Millionen Zivilisten, die sich in einer absoluten Notsituation in einem Gebiet befinden, das unter Blockade steht und dessen Zugangspunkte Israel kontrolliert, eine Verpflichtung nach dem humanitären Völkerrecht ist, wie der Internationale Gerichtshof in Erinnerung gerufen hat.“
Die Frage, ob die Bundesregierung daran eine Völkermordabsicht („genocidal intent“) erkenne oder diese Äußerungen so bewerte, ließ der Außenamtssprecher unbeantwortet. Er sei sicher, „dass die Äußerungen auch in Den Haag sehr aufmerksam verfolgt werden, wo ja gerade über diese Art von Fragen beraten wird“.
Am 21. Mai hatte die Staatsanwaltschaft beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Gallant wegen Verbrechen im Gaza-Krieg beantragt. Sie werden für das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten beschuldigt.
Humanitäre Krise in Gaza
Israel nahm den Vergeltungsschlag der Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober als Vorwand, um einen Vernichtungskrieg in Gaza zu starten. Erklärtes Ziel der israelischen Angriffe ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bisher Zehntausende Zivilisten getötet.
Israel hat die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom gestoppt und zugleich massive Luftangriffe gestartet. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein. Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel behindert.
Fast die gesamte Bevölkerung wurde aus ihren Häusern vertrieben. UN-Organisationen bezeichnen die humanitäre Lage vor Ort als katastrophal.