Gaza-Stadt - 10. November: Angehörige trauern vor dem Al-Ahli-Krankenhaus um Palästinenser, die bei Israels Luftangriffen auf die Region Jabalia getötet wurden. / Photo: AA (AA)
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Die israelische Armee hat nach Angaben des Medienbüros im Gazastreifen in den vergangenen 38 Tagen mehr als 2000 palästinensische Zivilisten im nördlichen Gazastreifen getötet. Der Direktor des Medienbüros, Ismail al-Thawabta, teilte der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu mit, dass unter den Opfern viele Kinder, Frauen und ältere Menschen seien.

Al-Thawabta rief die internationale Gemeinschaft zum sofortigen Eingreifen auf. Er verurteilte die israelischen Angriffe und nannte sie eine „Massenvernichtungs-Kampagne an Palästinensern“. Insbesondere der Norden der Enklave leide unter den israelischen Angriffen, so der Büro-Direktor. Zudem seien die USA, Großbritannien und die europäischen Staaten für die verheerende Situation in Gaza verantwortlich und wegen Komplizenschaft am „Aushungern und Massentöten“ schuldig, sagte er.

Die israelischen Streitkräfte hatten Anfang Oktober eine weitere Bodeninvasion im Norden des Gazastreifens gestartet. Nach palästinensischen Angaben kam es dabei allein am vergangenen Wochenende zu israelischen Angriffen mit mehreren Toten in Beit Lahia und Jabalia.

Israel greift deklarierte Sicherheitszonen an

Israel behauptet seit Beginn seines Vernichtungskriegs in Gaza, für die vertriebenen Palästinenser sogenannte sichere Zonen gekennzeichnet zu haben. Al-Thawabta beschuldigte Israel, die „Weltgemeinschaft in die Irre zu führen“. Laut dem Chef des Medienbüros verteilt die israelische Armee „falsche Karten“ an die Zivilbevölkerung. Obwohl diese Zonen als „sicher“ gekennzeichnet seien, würden sie von Israel bombardiert.

„Das israelische Militär verteilt Karten mit gelb eingefärbten Gebieten, die als humanitär und sicher gekennzeichnet sind, nur um diese Gebiete dann mit Bomben und Raketen zu beschießen“, so Al-Thawabta.

Der Chef des Medienbüros in Gaza berichtete von weiteren ähnlichen Fällen. Das Al-Mawasi-Camp im Gazastreifen, einer der größten Zufluchtsorte für Vertriebene und eine ausgewiesene Schutzzone, sei mehrmals von israelischen Luftangriffen getroffen worden. Es sei zu vielen Toten und Verletzten gekommen.

Laut Al-Thawabta habe Ghassan Alian, der Generalmajor der israelischen Armee und „Koordinator der Regierungsaktivitäten in den palästinensischen Gebieten“, erst am Montag wieder auf der Online-Plattform X eine neue Karte veröffentlicht. Darauf sei eine weitere angebliche Sicherheitszone in al-Mawasi eingezeichnet.

Gaza-Stadt - 10. November: Die Leichen der Palästinenser, die bei einem israelischen Luftangriff in der Region Jabalia getötet wurden, werden zum Al-Ahli Baptist Krankenhaus gebracht. (AA)

Behörden in Gaza berichten immer wieder, dass die israelische Armee innerhalb ausgewiesener Schutzzonen tödliche Anschläge verübt. Bei zwei israelischen Luftangriffen am Mittwoch in al-Mawasi sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza mindestens neun Menschen getötet worden. Bei einem weiteren Angriff in der Nähe eines Zeltlagers in al-Mawasi sei eine Person getötet und mehrere Menschen verletzt worden. Das Zeltlager befand sich demnach in einer von der israelischen Armee als „sicher“ deklarierten Zone.

Israel blockiert humanitäre Hilfslieferungen

Laut Al-Thawabta blockiert Israel weiterhin die Einfuhr von lebenswichtigen humanitären Hilfsgütern in den Gazastreifen. Weder Lebensmittel noch Medikamente seien an die notleidenden Palästinenser geliefert worden. Die Schließung des Grenzübergangs Rafah, an der Grenze zu Ägypten, habe dazu geführt, dass seit knapp 200 Tagen ein gravierender Rückgang von lebenswichtigen Gütern zu verzeichnen sei. Nach Schätzung von Al-Thawabta warten etwa 600.000 Tonnen Hilfsgüter und Lebensmittel auf der ägyptischen Seite von Rafah, da Israel die Lieferungen blockiert.

Vertreter von 15 UN-Hilfsorganisationen und NGOs haben Anfang November in einer gemeinsamen Erklärung auf die besonders dramatische Lage im Norden des Küstenstreifens aufmerksam gemacht. „Die gesamte palästinensische Bevölkerung in Nord-Gaza ist akut vom Tod durch Krankheit, Hunger und Gewalt bedroht“, hieß es in der Erklärung, die vom UN-Koordinationsausschuss IASC veröffentlicht wurde.

Der nördliche Gazastreifen steht seit Beginn der israelischen Bodeninvasion am 27. Oktober 2023 unter einer vollständigen Militärblockade. Die ohnehin aussichtslose Lage hat sich durch die Knappheit an Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff verschärft. Insbesondere Kinder und ältere Menschen leiden unter dem extremen Mangel.

Israelischer Vernichtungskrieg in Gaza

Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Organisation Hamas am 7. Oktober einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bislang Zehntausende Zivilisten getötet.

Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel seither behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Doch auch dort sind sie israelischen Angriffen ausgesetzt. Zudem herrscht eine akute Hungerkrise, die Hungertote fordert.

Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober mehr als 43.700 Menschen getötet und mehr als 103.000 verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder.

TRT Deutsch