Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Großbritannien dazu aufgefordert, einen irakischen Asylsuchenden vorerst nicht nach Ruanda auszufliegen. Die Entscheidung des Gerichts fiel am Dienstagabend, kurz bevor der Mann mit weiteren Menschen in das ostafrikanische Land gebracht werden sollte. Das Gericht forderte die britischen Behörden in einer sogenannten einstweiligen Maßnahme auf, den Mann frühestens drei Wochen nach einer finalen Entscheidung in seinem in Großbritannien laufenden Verfahren außer Landes zu bringen. Über die endgültige Entscheidung solle das Gericht informiert werden.
Einstweilige Maßnahmen sind laut Gericht verbindlich und werden nur selten und bei unmittelbarer Gefahr auf irreparablen Schaden ausgesprochen. Unklar war zunächst, ob die Entscheidung Auswirkungen auf andere Asylsuchende hat, die Großbritannien nach Ruanda bringen will. Ein erster Flieger sollte am Dienstagabend starten. Die Zahl der Passagiere war zuletzt deutlich geschrumpft, da auch andere Asylsuchende vor britischen Gerichten erfolgreich klagten.
Vereinte Nationen sprechen von „gefährlichem Präzedenzfall“
Großbritannien hat im Willen, härter gegen irreguläre Migration vorzugehen, eine Vereinbarung mit Ruanda geschlossen. Menschen, die illegal nach Großbritannien gelangt sind, sollen unabhängig von ihrer Nationalität oder Herkunft in das Land gebracht werden und dort die Möglichkeit auf einen Asylantrag erhalten. Auch wenn sie dort als Flüchtlinge anerkannt werden, soll es in keinem Fall eine Rückkehr nach Großbritannien geben. Die Vereinten Nationen sehen darin einen Bruch internationalen Rechts und einen gefährlichen Präzedenzfall.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat. Gemeinsam setzen sich die von der Europäischen Union unabhängigen Organe für den Schutz der Menschenrechte in den 46 Mitgliedstaaten ein.