Nach schweren Unruhen hat der Präsident der autoritär geführten Republik Kasachstan, Kassym-Jomart Tokajew, einen Schießbefehl gegen gewaltbereite Demonstranten erteilt. „Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen“, sagte Tokajew am Freitag in einer Fernsehansprache. Über Aufrufe zu einer friedlichen Lösung der Krise aus dem Ausland sagte der Staatschef: „Welch eine Dummheit! Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?“ Die sogenannten Anti-Terror-Einsätze würden bis zur „vollständigen Vernichtung der Kämpfer“ fortgeführt. Vor allem in der Millionenmetropole Almaty im Südosten des zentralasiatischen Landes ist die Lage äußerst angespannt und unübersichtlich. Dort sollen sich bewaffnete Demonstranten im Gebäude eines Fernsehsenders verschanzt haben. Solche Informationen sind derzeit allerdings kaum zu überprüfen. Immer wieder wird das Internet abgestellt, die kasachische Grenze wurde für Ausländer geschlossen. 26 Tote und 3700 Festnahmen Am Morgen hatte das Staatsfernsehen berichtet, dass bereits 26 Regierungsgegner getötet worden seien. Zudem habe es mehr als 3700 Festnahmen gegeben. Befürchtet wurde, dass es auch viele zivile Todesopfer geben könnte. Offiziellen Angaben zufolge starben auch mindestens 18 Angehörige der Sicherheitskräfte. Unabhängige kasachische Nachrichtenkanäle veröffentlichten am Vormittag Videos von Rauch, der aus Gebäuden stieg und berichteten von Schussgeräuschen in Almaty. Präsident Tokajew erklärte, insgesamt 20.000 „Banditen“ hätten die Wirtschaftsmetropole angegriffen. Er bezeichnete Regierungsgegner auch als „Terroristen“ und als aus dem Ausland gesteuert. Dafür gibt es keine Belege. Bundesjustizminister Marco Buschmann verurteilte Tokajews Schießbefehl scharf. „Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schießen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen“, schrieb der FDP-Politiker am Freitag auf Twitter. Auslöser für Unruhen war Unmut über Treibstoffpreise Auslöser der Unruhen in der Ex-Sowjetrepublik war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise. Dieser schlug aber schnell in teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung um. Als Reaktion entließ Tokajew die Regierung und verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand. Auf seine Bitte griff zudem ein von Russland geführtes Militärbündnis ein. International löste auch das Sorge aus. Tokajew kündigte an, dass in einigen Regionen Kasachstans, wo die Lage stabil sei, die Internetverbindung wiederhergestellt werden solle. Auch der Ausnahmezustand solle in solchen Landesteilen schrittweise wieder aufgehoben werden. Der Staatschef hatte als Konsequenz der Proteste bereits Reformen in Aussicht gestellt. Am kommenden Dienstag wolle er neue Entscheidungen bekanntgeben.
Tokajew bedankt sich für die russische Intervention
Unterdessen teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit, dass russische Soldaten den Flughafen in Almaty „unter volle Kontrolle“ gebracht hätten. Sie hätten unmittelbar nach ihrer Ankunft damit begonnen, „die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Man sei dabei gemeinsam mit kasachischen Sicherheitskräften vorgegangen. Der Airport war zeitweise von Demonstranten besetzt gewesen.
„Mein besonderer Dank gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hat sehr schnell und vor allem freundlich auf meinen Anruf reagiert“, sagte Tokajew in seiner Fernsehansprache. Die Soldaten wurden nach Angaben der OVKS auf begrenzte Zeit nach Kasachstan geschickt, „um die Lage zu stabilisieren und zu normalisieren“.
Die russischen Soldaten sind Teil einer sogenannten Friedenstruppe der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit. Dem Militärbündnis gehören neben Russland und Kasachstan auch Armenien, Belarus, Kirgistan und Tadschikistan an. Auch diese Staaten schickten Soldaten. Die Organisation sprach von insgesamt etwa 2500 ausländischen Soldaten, die die kasachischen Sicherheitskräfte unterstützen sollten.