Vor dem geplanten Großangriff Israels auf Rafah im südlichen Gazastreifen lässt Ägypten nahe seiner Grenze zu dem Gebiet eine Pufferzone zur Unterbringung von bis zu 100.000 Palästinensern einrichten. Um den Bereich herum würde eine Mauer errichtet, um gegebenenfalls die Kontrolle über palästinensische Flüchtlinge zu behalten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag aus ägyptischen Sicherheitskreisen. Schon vor etwa zwei Monaten hätten Arbeiten begonnen, um Flüchtlinge dort in Gebäuden und Zelten unterzubringen. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor vier Monaten sorgt sich die Regierung in Kairo, dass wegen der massiven Angriffe Israels auf Gaza massenhaft Palästinenser aus dem Küstenstreifen über die Grenze strömen könnten. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat dieses Szenario als „rote Linie“ bezeichnet. Nach seiner Darstellung würden große Zahlen an Flüchtlingen für Ägypten ein Sicherheitsrisiko darstellen und Bestrebungen der Palästinenser nach einem eigenen Staat untergraben. Ägypten steckt in einer schweren Wirtschaftskrise und hat viele Flüchtlinge etwa aus dem Sudan aufgenommen.
Israels Verteidigungsminister Joav Galant sagte am Freitag, sein Land beabsichtige nicht, palästinensische Zivilisten nach Ägypten zu bringen. „Wir respektieren und schätzen unser Friedensabkommen mit Ägypten.“ Das Nachbarland sei „ein Eckpfeiler der Stabilität in der Region und ein wichtiger Partner“.
Auch die in London ansässige Sinai Foundation for Human Rights berichtete von der Errichtung einer solchen Pufferzone nahe der Grenze. Bei den Bauarbeiten solle ein abgesperrter Bereich zur Unterbringung von Flüchtlingen entstehen, umgeben von einer sieben Meter hohen Mauer, teilte die Menschenrechtsorganisation mit.
Ägyptens Gouverneur lehnt Berichte über Flüchtlingslager ab
Ägyptens Gouverneur im Nord-Sinai, Mohammed Schuscha, wies die Berichte als falsch zurück. Die Behörden würden in der Grenzstadt Rafah vielmehr prüfen, welche Häuser während der Militäreinsätze gegen Extremisten in der Region zerstört worden seien, um Besitzern eine Entschädigung zu zahlen, sagte er der dpa. Das habe „überhaupt nichts“ zu tun mit dem angeblichen Bau von Flüchtlingslagern für Palästinenser. Deren Zwangsvertreibung über die Grenze werde Ägypten auch nicht hinnehmen.
Israels Armee bereitet derzeit einen Großangriff auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens vor. In der Stadt lebten vor Kriegsbeginn etwa 300.000 Menschen. Inzwischen halten sich dort mehr als 1,3 Millionen Zivilisten auf, von denen viele durch israelische Angriffe vertrieben wurden oder israelischen Anordnungen zur Zwangsevakuierung folgten.
Das „Wall Street Journal“ hatte am Donnerstag von Plänen Ägyptens berichtet, an der Grenze zum Gazastreifen ein riesiges Auffanglager für palästinensische Flüchtlinge einzurichten.