14.01.2023, Israel, Tel Aviv: Menschen demonstrieren bei Regen, unter aufgespannten Regenschirmen gegen die neue Regierung in Tel Aviv. / Photo: DPA (dpa)
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In Tel Aviv sind zehntausende Menschen gegen die neue israelische Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf die Straße gegangen. Wie israelische Medien unter Berufung auf die Polizei berichteten, versammelten sich am Samstag trotz Regenwetters bis zu 80.000 Menschen auf dem zentralen Habima-Platz und hielten Schilder mit Aufschriften wie „Regierung der Schande“ und „Stürzt den Diktator“ hoch. Es war die größte Demonstration seit der Bildung der neuen Regierung Ende Dezember. Weitere Proteste gab es israelischen Medienberichten zufolge vor der Residenz des Ministerpräsidenten in Jerusalem und in der Stadt Haifa im Norden Israels.

Einfache Mehrheit reicht für potenziell verfassungswidrige Gesetze Netanjahu hatte Ende Dezember nach anderthalb Jahren in der Opposition wieder die Regierungsgeschäfte in Israel übernommen. Er verbündete sich dafür mit ultrarechten und ultraorthodoxen Parteien und führt die am weitesten rechts stehende Regierung der israelischen Geschichte an. Die Koalition plant unter anderem den Ausbau israelischer Siedlungen im besetzten Westjordanland, die völkerrechtlich als illegal gelten. Der neue israelische Justizminister Jariv Levin stellte vergangene Woche zudem ein umstrittenes Reformprojekt vor. Seine Vorschläge beinhalten eine „Ausnahmeklausel“, wonach das Parlament eine Entscheidung des Obersten Gerichts mit einfacher Mehrheit widerrufen könnte. Levin will außerdem die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern ändern. Er wirft dem Höchsten Gericht etwa eine übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Netanjahu steht derzeit wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht, die er nach wie vor zurückweist.

„Tödlicher Schlag“ gegen die Unabhängigkeit der Richter Die Vorsitzende des Höchsten Gerichts in Israel, Esther Chajut, hatte am Donnerstag in einer ungewöhnlich scharf formulierten Ansprache vor einem „tödlichen Schlag“ gegen die Unabhängigkeit der Richter gewarnt. Nach den geplanten Reformen wäre die demokratische Identität des Landes vollkommen entstellt, sagte sie. Levin warf Chajut daraufhin vor, sie stehe auf der Seite der Opposition. Zu den Protesten am Samstag hatte eine Anti-Korruptions-Organisation aufgerufen. Die Oppositionsparteien unterstützten den Aufruf. Der ehemalige Verteidigungsminister Benny Gantz forderte am Freitag „alle Israelis, von rechts und links“ auf, sich an der Protestkundgebung zu beteiligen und "Für den Erhalt der israelischen Demokratie zu demonstrieren“. Neben Gantz nahmen auch Ex-Außenministerin Zipi Livni und Vorsitzende der Arbeiterpartei, Merav Michaeli, an der Demonstration teil.

Agenturen