Den siebten Abend in Folge haben Tausende Menschen in der georgischen Hauptstadt Tiflis gegen die nationalkonservative Regierung demonstriert. Sie blockierten die Hauptstraße Rustaweli-Prospekt und forderten eine Fortsetzung des Europa-Kurses der kleinen Ex-Sowjetrepublik im Südkaukasus. Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ hat einen EU-Beitritt faktisch auf Eis gelegt.
Wie an den Abenden zuvor zog die Polizei erneut schwer gerüstete Kräfte zusammen, ging jedoch nicht gegen die Demonstranten vor. Die Polizei gab zudem bekannt, in den Büros einiger Oppositionsparteien Durchsuchungen durchgeführt zu haben. Teimuraz Kupatadze, Direktor des Polizeilichen Staatsschutzes, erklärte auf einer Pressekonferenz, dass sieben Personen festgenommen worden seien. Dabei seien in den Parteibüros unter anderem Schutzhelme, Pyrotechnik und Molotow-Cocktails beschlagnahmt worden.
Eine Sprecherin der neuen EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas sprach hingegen von alarmierenden Berichten über mutmaßlich willkürliche Festnahmen, Gewalt und Misshandlungen von Demonstranten in Georgien. „Wir fordern alle Parteien auf, keine übermäßige Gewalt mehr anzuwenden und die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten“, schrieb sie auf der Online-Plattform X.
Oppositionspolitiker wollen gemeinsamen Kurs
Vier georgische Oppositionsparteien berieten in einem Hotel, um einen gemeinsamen Kurs abzustecken. Sie sind bei der von Manipulationsvorwürfen belasteten Wahl Ende Oktober zwar ins Parlament eingezogen, haben ihre Mandate aber aus Protest nicht angetreten.
Wie zuvor Diplomaten und andere Staatsbedienstete gab auch ein ranghoher Beamter der Spezialkräfte des Innenministeriums seinen Posten auf. Das meldete die georgische Nachrichtenagentur Interpressnews.
Ukraine verhängt Sanktionen gegen Tiflis
Nach den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen hat nun auch die Ukraine Einreiseverbote und andere Strafmaßnahmen gegen georgische Regierungsmitglieder verhängt. Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichnete in Kiew einen Erlass, der sich gegen den georgischen Ministerpräsidenten Irakli Kobachidse und 18 weitere Politiker der Ex-Sowjetrepublik im Südkaukasus richtet. Hintergründe seien das Abrücken der georgischen Regierungspartei „Georgischer Traum“ vom EU-Beitrittskurs und das gewaltsame Vorgehen gegen Proteste.