Die Bundesregierung und die EU haben Moskau im Fall des mutmaßlich vergifteten Kremlkritikers Alexej Nawalny erneut eindringlich zur Aufklärung aufgerufen.
Nach der Mitteilung des Ärzteteams an der Berliner Charité, wonach die Befunde auf eine Vergiftung Nawalnys hinweisen würden, forderten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) am Montag in einer gemeinsamen Erklärung in Berlin: „Angesichts der herausgehobenen Rolle von Herrn Nawalny in der politischen Opposition in Russland sind die dortigen Behörden nun dringlich aufgerufen, diese Tat bis ins Letzte aufzuklären – und das in voller Transparenz.” Die Verantwortlichen „müssen ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden“.
„Wir hoffen, dass Herr Nawalny wieder ganz genesen kann. Unsere guten Wünsche gelten auch seiner Familie, die eine schwere Prüfung durchmacht”, schrieben Merkel und Maas weiter. Der Name von Russlands Präsident Wladimir Putin wird in der Erklärung nicht erwähnt.
Die EU forderte Moskau ebenfalls auf, eine „unabhängige und transparente Untersuchung“ durchzuführen. Die Europäische Union verurteile schärfstens den „mutmaßlichen Angriff auf Nawalnys Leben”, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montagabend in Brüssel.
Russische Regierung: Giftdiagnose voreilig
Russland antwortete auf die Vorwürfe und sprach von einer voreiligen Gift-Diagnose der deutschen Ärzten. „Die medizinische Analyse unserer Mediziner und die der Deutschen stimmt komplett überein. Aber ihre Schlussfolgerungen sind unterschiedlich”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag. „Wir verstehen diese Eile der deutschen Kollegen nicht.“
Einige Stunden nach der Mitteilung der Charité über Anzeichen einer Vergiftung erklärten die russischen Ärzte am Montag in Omsk, sie hätten bei ihren Untersuchungen keinerlei Hinweise auf eine Vergiftung mit einem Cholinesterase-Hemmer gefunden. Bereits vor Nawalnys Verlegung nach Berlin hatten die russischen Ärzte erklärt, es sei kein Gift im Körper des Patienten gefunden worden. Wahrscheinlicher sei „eine Stoffwechselstörung“, möglicherweise verursacht durch „einen starken Abfall des Blutzuckerspiegels“.