EU und Albanien beginnen inhaltliche Verhandlungen über EU-Beitritt / Photo: DPA (dpa)
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Mehr als zwei Jahre nach dem offiziellen Beginn der Gespräche über einen EU-Beitritt Albaniens haben am Dienstag in Luxemburg die inhaltlichen Verhandlungen begonnen. In einem ersten Verhandlungsschritt geht es unter anderem um die Rechtsstaatlichkeit des Westbalkanstaats, der bis 2030 Teil der EU werden will. Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni lobte ein umstrittenes Asylabkommen mit Albanien, in dessen Rahmen am Montag die Überführung von Migranten begonnen hatte.

„Wir werden Albanien bis 2030 für die EU vorbereiten“, versprach Regierungschef Edi Rama in Luxemburg. Sein Land sei „sehr engagiert, endlich mit dem schwersten Teil der Arbeit anzufangen“. Der Ukraine-Krieg habe gezeigt, „dass der Westbalkan für eine stärkere Europäische Union gebraucht wird, genauso wie der Westbalkan den Beitritt zur Europäischen Union braucht“, betonte Rama.

„Wir Albaner können keinen Plan B haben, wenn es um individuelle Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geht“, fuhr er fort. „Jede Alternative zu einer EU-Mitgliedschaft würde bedeuten, dass wir die Lebensweise aufgeben, für die wir uns entschieden haben“, erklärte Rama.

Der scheidende EU-Kommissar für Erweiterung, Oliver Varhelyi, lobte Albanien für sein Engagement im Beitrittsprozess. Die Eröffnung der ersten Verhandlungskapitel bezeichnete er als „richtungsweisende Entscheidung“. Nun sei „der Weg frei für die substantiellen Verhandlungen“ über eine EU-Mitgliedschaft Albaniens.

Die deutsche Europa-Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) begrüßte den Beginn der Verhandlungen mit dem Balkanstaat. Damit sei Albanien „dem Traum von einer EU-Mitgliedschaft ein Stück näher gekommen“, sagte sie. „Wir werden Albanien jetzt auf dem Weg in die EU weiter konstruktiv begleiten.“

EU hebt Koppelung der Verhandlungen an Nordmazedonien auf

Albanien war 2009 der NATO beigetreten und hatte im selben Jahr den EU-Beitritt beantragt. Die erste Regierungskonferenz für die Beitrittsverhandlungen fand im Juli 2022 statt, Fortschritte mit Albanien waren jedoch jahrelang an solche in Nordmazedonien gekoppelt. Diese Praxis gaben die EU-Länder im vergangenen Monat auf, sodass die Verhandlungen nun vorangehen können.

Als problematisch für einen EU-Beitritt gelten bislang die Korruption und die organisierte Kriminalität in Albanien. In der europäischen Migrationspolitik spielt das Land aber bereits eine Rolle: Der Balkanstaat schloss mit dem EU-Gründungsmitglied Italien ein Abkommen, um bis zu 40.000 Bootsflüchtlinge pro Jahr in Zentren aufzunehmen und Asylanträge bereits vor der EU-Grenze zu bearbeiten.

Im Rahmen dieses Abkommens hatte Italien am Montag mit der Überführung von Migranten nach Albanien begonnen. Erwartet wird, dass ein erstes Schiff mit 16 Männern aus Ägypten und Bangladesch an Bord am Mittwoch dort eintrifft.

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni sagte am Dienstag, bei dem Abkommen handle es sich um „einen neuen, mutigen und beispiellosen Weg“, der jedoch den europäischen Geist perfekt widerspiegle. Zudem könne dieser Weg „auch mit anderen Nicht-EU-Ländern“ beschritten werden.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Abkommen allerdings scharf. So seien etwa „große Fragen dazu offen, wie Italien sicherstellen wird, dass die Rechte der Menschen außerhalb der EU-Gerichtsbarkeit gewahrt bleiben“, erklärte die Italien-Chefin des International Rescue Committee (IRC), Susanna Zanfrini.

TRT Deutsch und Agenturen