Menschenrechtsverletzungen durch Grenzbeamte gegen Migranten und Flüchtende werden einem EU-Bericht zufolge zu selten verfolgt. „Es herrscht ein Eindruck von Straflosigkeit“, heißt es in dem Dokument der Grundrechteagentur der Europäischen Union (FRA) in Wien. Der Bericht konzentrierte sich auf Länder der EU-Außengrenze - vom Ärmelkanal über das Mittelmeer bis zu den Grenzen im Osten, am Balkan und im Ägäischen Meer.
Glaubhafte Berichte von Gewalt, Misshandlungen, unterlassener Hilfe oder Zurückweisung von Schutzsuchenden - sogenannte Pushbacks - würden laufend von Organisationen der Vereinten Nationen und des Europarates sowie von Menschenrechtlern vorgebracht, hieß es.
Viele Vorwürfe, aber kaum Verurteilungen
Zwischen 2020 und 2023 stieß die FRA auf 118 disziplinäre Untersuchungen gegen Grenzbeamte in 16 Ländern. Strafmaßnahmen gegen Beamte sind der Grundrechteagentur nur in acht Fällen bekannt - vier in Kroatien und vier in Ungarn. Im gleichen Zeitraum gab es demnach auch mindestens 84 strafrechtliche Untersuchungen gegen Grenzschützer, aber nur drei Verurteilungen. Obwohl in Griechenland die größte Anzahl an mutmaßlichen Fällen vorliegt, wurden dort laut FRA keine Beamte disziplinär oder strafrechtlich belangt. Jährlich gehen auch dutzende Beschwerden gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex ein, hieß es in dem Bericht.
Forderung nach Handydaten von Grenzschützern
Wegen fehlender oder mangelhafter Ermittlungen würden Betroffene eher den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als nationale Gerichte anrufen, stellte die FRA fest. Der Gerichtshof in Straßburg hat in den vergangenen Jahren unter anderem Mängel bei Untersuchungen zu einem Schiffbruch mit elf Toten in Griechenland und zu einem toten sechsjährigen afghanischen Kind in Kroatien festgestellt.
Die FRA fordert nun von EU-Staaten, regelmäßig Rechtsverstöße an den Grenzen offenzulegen, Opfer stärker in die Ermittlungen einzubinden, und auf GPS- und Handydaten von Beamten zuzugreifen, um Vorwürfen nachzugehen.