Polio-Gefahr im Gazastreifen / Photo: DPA (dpa)
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Im von anhaltenden israelischen Angriffen zerrütteten Gazastreifen ist nach palästinensischen Angaben ein erster Fall von Kinderlähmung aufgetreten. Erkrankt sei ein ungeimpfter, zehn Monate alter Säugling in Deir al-Balah im Zentrum des Gebiets, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit. Dies hätten Tests in der jordanischen Hauptstadt Amman ergeben.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte zuvor für die Polio-Impfung von Hunderttausenden Kindern eine Waffenruhe in dem von Israel blockierten und in weiten Teilen zerstörten Küstenstreifen gefordert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef drangen auf eine Waffenruhe von sieben Tagen.

Nach der Entdeckung von Polio-Viren im Abwasser des Gazastreifens im Juli planen die UN Massenimpfungen gegen Kinderlähmung. Ende August und im September sollen mehr als 640.000 Kinder bis zehn Jahre in zwei Impfrunden gegen das Virus geschützt werden, wie die WHO in Genf mitteilte. Die UN-Gesundheitsbehörde berichtete zuvor, bei drei Kindern im Gazastreifen bestehe der Verdacht von akuten Lähmungssymptomen, die für Polio typisch seien.

Polio ist eine ansteckende Infektionskrankheit, die vor allem bei Kleinkindern dauerhafte Lähmungen hervorrufen und zum Tod führen kann. Verbreitet wird das Virus oft über verunreinigtes Wasser. Eine Heilung gibt es bisher nicht.

Israelischer Vernichtungskrieg in Gaza

Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Organisation Hamas am 7. Oktober einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bislang Zehntausende Zivilisten von Israels Armee getötet.

Humanitäre Hilfslieferungen werden seither von Israel behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Doch auch dort sind sie israelischen Angriffen ausgesetzt. Zudem herrscht eine akute Hungerkrise, die Hungertote fordert.

Wasserkrise löst Krankheiten aus

Neben dem Mangel an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten leiden die Palästinenser in der Enklave zudem unter einer schweren Wasserkrise. All diese Umstände haben das Leid der Menschen in Gaza vergrößert, die schon seit etwa zehn Monaten israelischen Angriffen ausgesetzt sind.

Angesichts der Wasserknappheit sind die Menschen im Gazastreifen dazu übergegangen, in verlassenen Gebieten in Meeresnähe Brunnen zu graben, wohin sie durch Bombardierungen getrieben wurden. Oder sie nutzen das salzige Leitungswasser aus der einzigen Wasserquelle des Gazastreifens, das inzwischen mit Meerwasser und Abwässern verseucht ist. Die Kinder legen lange Strecken zurück, um Wasser von behelfsmäßigen Sammelstellen zu holen.

Nach Angaben von Oxfam hat der Gazastreifen fast seine gesamte Kapazität für Wasserproduktion verloren: 88 Prozent der Brunnen und alle Entsalzungsanlagen sind durch israelische Angriffe beschädigt oder zerstört worden.

TRT Deutsch und Agenturen