Von Salman Niyazi
Nach dem Sturz des Assad-Regimes zogen viele Beobachter voreilig den Schluss, dass auch die russische Militärpräsenz in Syrien nun enden würde. Die Khmeimim-Luftwaffenbasis und die Marineeinrichtung in Tartus sollten demnach das gleiche Schicksal haben wie die gestürzte Regierung, die sich jahrzehntelang mit Folter und Gewalt gegen die eigenen Bürger an der Macht gehalten hatte. Satellitenbilder, die russische Soldaten beim hastigen Abbau von Rüstungsgütern in Khmeimim zeigten, schienen diese Annahmen zu bestätigen.
Der überraschende Sturz Assads traf Moskau unvorbereitet. Das russische Narrativ wurde schnell angepasst. In einer Nachrichtensendung des russischen Fernsehens am 9. Dezember wurde die Situation als „paralysierende Unentschlossenheit der syrischen Führung und des Militärs“ bezeichnet. Präsident Wladimir Putin kritisierte in seiner jährlichen TV-Fragerunde, dass „Aleppo durch nur 350 Kämpfer gefallen“ sei, während „30.000 Regierungssoldaten und pro-iranische Einheiten sich kampflos“ zurückgezogen hätten.
Trotz dieser Entwicklungen wies Putin Vorwürfe einer russischen Niederlage entschieden zurück. Er betonte, dass Russland seine Hauptziele in Syrien erreicht habe: die Verhinderung eines „islamischen Kalifats“ und die Sicherung gegen die Machtübernahme von Terroristen. Zudem stellte er klar, dass die neue Führung in Damaskus nicht als terroristisch einzustufen sei – ein diplomatisches Manöver, das in den kommenden Verhandlungen entscheidend sein könnte.
Am 20. Dezember wurde bekannt gegeben, dass Generaloberst Nikolai Jurjew von seiner Position als Leiter der militärischen Gegenspionage beim Geheimdienst FSB zurückgetreten ist. Jurjew, der 2018 die Sicherung russischer Militärstützpunkte in Syrien als Hauptaufgabe bezeichnet hatte, trat angesichts wachsender Unsicherheiten über die Zukunft der russischen Präsenz in dem vom Krieg zerrütteten Land zurück.
Gleichzeitig erklärte der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler jedoch, es gebe keine Anzeichen für einen vollständigen Rückzug Russlands aus Syrien. Moskau konsolidiere stattdessen seine militärischen Kräfte auf den Stützpunkten in Khmeimim und Tartus.
HTS verhandelt über russische Militärstützpunkte
Berichten zufolge floh der gestürzte Machthaber Baschar al-Assad am 8. Dezember mit russischer Unterstützung über Khmeimim, nachdem die letzten militärischen Stellungen seines Regimes gefallen waren. Überraschenderweise zeigt die in Syrien erstarkte Befreiungsgruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) Flexibilität gegenüber einem möglichen Verbleib der russischen Militärstützpunkte. Nach Einschätzung eines Insiders könnten die russische Basen als Verhandlungsinstrument für die internationale Anerkennung der neuen syrischen Führung dienen.
Auch die Angriffe Israels auf Syrien sind ein entscheidender Faktor. HTS könnte russische Stützpunkte zum Schutz vor der israelischen Aggression akzeptieren, während terroristische Gruppen im Nordosten Syriens noch wüten und die US-Unterstützung für die Terrorgruppe PKK/YPG weiterhin eine Herausforderung für die syrische Übergangsregierung darstellt.
Obwohl einige EU-Diplomaten auf einen russischen Abzug drängen, bleibt unklar, wie realistisch dies angesichts der strategischen Bedeutung der russischen Basen ist. Khmeimim spielt eine Schlüsselrolle für Russlands Präsenz in Afrika, während Tartus den Zugang zum Mittelmeer sichert.
Das Schicksal der russischen Militärbasen in Syrien verdeutlicht einmal mehr, wie komplex internationale Politik sein kann. Inmitten geopolitischer Interessen und pragmatischer Entscheidungen bleibt die Zukunft dieser Basen ungewiss – ein weiteres Beispiel für die undurchsichtigen Machtspiele der Weltpolitik.