Gemäß einer von Russland, Aserbaidschan und Armenien unterzeichneten gemeinsamen Erklärung wird Aserbaidschan Ende dieses Monats die Kontrolle über die Stadt Latschin und einige Dörfer an der Strecke zwischen Chankendi und Armenien zurückerhalten. Das berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag.
Russische Truppen und die armenische Bevölkerung werden demnach die Gebiete entlang der als Latschin-Korridor bekannten Route verlassen, auf der sich die Stadt Latschin und die Dörfer Zabuch und Sus befinden. Mit der am 10. November 2020 von den drei Ländern unterzeichneten Erklärung wurde das Gebiet vorübergehend unter russische Kontrolle gestellt. Die russischen Streitkräfte, die für die Sicherheit auf der Strecke des alten Latschin-Korridors sorgen, werden ihre Kontrollpunkte auch auf die neue Straße verlegen.
Dem Abkommen zufolge hatte sich Aserbaidschan dazu verpflichtet, innerhalb von drei Jahren eine neue Straße zu bauen, um der armenischen Bevölkerung in Berg-Karabach einen Verbindungsweg nach Armenien zu gewähren. Aserbaidschan stellte daraufhin die 32 Kilometer lange Straße früher als geplant fertig.
Die Stadt Latschin und mehrere umliegende Dörfer waren 1992 von der armenischen Armee besetzt worden. In den folgenden Jahren wurden Armenier aus Syrien und dem Libanon hier angesiedelt. Aserbaidschan hat wiederholt gegen die Ansiedlung protestiert und den Schritt als Kriegsverbrechen sowie Verstoß gegen die Genfer Konventionen bezeichnet.
Latschin-Bevölkerung kann in angestammte Heimat zurückkehren
Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew äußerte sich im Staatsfernsehen über die Evakuierung der Armenier aus dem Gebiet Latschin. Er habe das staatliche Komitee für Flüchtlinge und Binnenvertriebene angewiesen, mit den ursprünglichen Bewohnern des Gebiets Kontakt aufzunehmen. Auf Wunsch soll die vertriebene Latschin-Bevölkerung in ihre angestammte Heimat zurückkehren können.
Nach Informationen der armenischen Presse muss die armenische Bevölkerung um Latschin das Gebiet bis zum 25. August räumen. Eine Niederlassung entweder in Armenien oder in Chankendi sowie finanzielle Unterstützung aus Eriwan seien geplant. Die betroffenen Armenier im aserbaidschanischen Gebiet wurden dazu aufgerufen, weder ihre Häuser niederzubrennen noch die Umwelt zu schädigen, wie sie es bereits im 44-tägigen Konflikt um Berg-Karabach getan hatten. Dennoch kursieren in den sozialen Medien offenbar aktuelle Bilder, auf denen einige Armenier ihre Häuser und die umliegenden Wälder anzünden.
Die Beziehung zwischen den ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan ist seit 1991 angespannt. Armenien hatte Berg-Karabach, ein international als Teil Aserbaidschans anerkanntes Gebiet, sowie sieben angrenzende Regionen besetzt. Während des 44-tägigen Konflikts in 2020 befreite die Turkrepublik Aserbaidschan mehrere Städte, 300 Siedlungen sowie Dörfer, die fast 30 Jahre lang illegal von Armenien besetzt waren.