Eine Erdgaspipeline zwischen der Türkei und Israel als Alternative zu russischen Energielieferungen nach Europa galt lange Zeit als bloßes Gedankenspiel. Mittlerweile ist sie aber offenbar ernsthaft im Gespräch. Das bestätigten jüngst auch Regierungs- und Industrievertreter beider Länder.
Die Idee, eine Unterwasserpipeline von der Türkei zu Israels größtem Offshore-Erdgasfeld „Leviathan“ zu bauen, wurde bereits vor Jahren entwickelt. Das Gas, so die Überlegung, würde in die Türkei und dann weiter zu deren südeuropäischen Nachbarländern fließen.
In den kommenden Monaten sollen „konkrete Entscheidungen“ fallen
Anfang des Monats besuchte der israelische Präsident Isaac Herzog Ankara. Im Rahmen des Staatsbesuches erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, die Zusammenarbeit im Gasbereich sei „einer der wichtigsten Schritte“, die man gemeinsam für die bilateralen Beziehungen unternehmen könne.
Präsident Erdoğan sei bereit, hochrangige Minister nach Israel zu schicken, um die Idee einer Pipeline wieder aufleben zu lassen. Die Gespräche würden fortgesetzt und in den kommenden Monaten könnten „konkrete Entscheidungen" getroffen werden, bestätigte ein hochrangiger türkischer Beamter gegenüber Nachrichtenagentur Reuters.
Industrievertreter äußerten jedoch Bedenken, was gegenwärtige Produktionsbeschränkungen betreffe. Zudem könnten geopolitische Gründe die Umsetzung des Vorhabens beeinträchtigen.
Das Leviathan-Feld beliefert bereits jetzt Israel, Jordanien und Ägypten. Seine Eigentümer – Chevron und die israelischen Unternehmen NewMed Energy und Ratio Oil – haben eine Steigerung der Produktion von 12 auf 21 Milliarden Kubikmeter (bcm) pro Jahr geplant.
Neue Chance nach Aus für EastMed-Pipeline
Im Vergleich dazu importierte die Europäische Union im vergangenen Jahr 155 Mrd. Kubikmeter russischen Gases und deckte damit fast 40 Prozent ihres Verbrauchs. Die Türkei verbraucht etwa 50 Mrd. Kubikmeter Erdgas pro Jahr und importiert fast alles davon über Pipelines aus Russland, dem Iran und Aserbaidschan. Das Land ist daher auch in Sachen Energie ein wichtiger Knotenpunkt in der Region.
Seit dem Einmarsch Russland in die Ukraine wollen die europäischen Staats- und Regierungschefs ihre Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen verringern. Zuvor verfolgte Pläne, über die EastMed-Pipeline israelisches Gas aus dem östlichen Mittelmeer nach Europa zu leiten, gerieten ins Stocken. Im Januar hatte die Biden-Regierung der USA das Projekt wegen „fehlender wirtschaftlicher Tragfähigkeit“ gestoppt.
30 März 2022
Türkei-Israel-Pipeline könnte Alternative zu russischem Gas schaffen
Das Projekt einer von der Türkei und Israel gemeinsam betriebenen Gas-Pipeline wird derzeit als konkrete Option zur Versorgung Europas diskutiert. Diese Lösung könnte auch die Abhängigkeit der EU von russischen Energieimporten verringern.
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