Hanau (Others)
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Das türkische Kommunikationsamt hat anlässlich des zweiten Jahrestages des rechtsterroristischen Anschlags von Hanau ein Panel organisiert. Der Titel der Veranstaltung am Montag in Ankara: „Gerechtigkeit für die Opfer von Hanau: Die Bedrohung durch den rechtsextremen Terrorismus in Deutschland“. Gesprächsteilnehmer waren der türkische Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun, Rechtsanwalt Fatih Zingal, ‪Akademiker Muhterem Dilbirliği,‬ Journalist und Politexperte Klaus Jürgens sowie „TRT Deutsch“-Chefredakteur Kaan Elbir. Kommunikationsdirektor Altun eröffnete das Panel nach der Anmoderation des Journalisten und TV-Moderators Ali Aslan mit einer Videobotschaft. „Wir werden niemals gegenüber dem Terrorismus nachgeben“, sagte Altun mit Blick auf die Opfer von Terroranschlägen in Deutschland und der ganzen Welt. „Panel wurde nicht organisiert, um Deutschland zu diskreditieren“ Zentrales Gesprächsthema bei der nachfolgenden Diskussion war der Rechtsterrorismus in Deutschland. Dabei konzentrierte sich das Gespräch auf die Fragen, wie Rechtsextremisten die öffentlichen Institutionen infiltrieren sowie die Rolle der Medien bei der Berichterstattung über Fälle von Rechtsextremismus. Altun betonte, das Panel sei nicht organisiert worden, um Deutschland zu diskreditieren oder anzugreifen. Niemand behaupte, „dass alle Deutschen rassistisch“ seien. Das Panel wolle jedoch die Aufmerksamkeit auf ein „sehr ernstes Problem lenken, mit dem die deutsche Gesellschaft heute konfrontiert ist“. Der erste Schritt zur Problemlösung bestehe darin, die Existenz des Problems anzuerkennen, erklärte Altun. „Deshalb möchte ich betonen, dass wir hier konstruktiv und lösungsorientiert vorgehen.“ Daran sei Ankara insbesondere wegen der in Deutschland lebenden rund drei Millionen Türkischstämmigen interessiert. Ankara fordert Gleichberechtigung für türkischstämmige Bürger Diese Menschen sollten sich als „gleichberechtigte Individuen“ und nicht als „potenzielle Opfer“ fühlen, sagte Altun. Denn Fakt sei, dass Deutschland ein Ort ist, an dem Muslime „systematisch kriminalisiert werden und der Islam als Bedrohung der inneren Sicherheit behandelt wird“. Dies spiegele sich auch in der Art und Weise wider, wie sich manche Personen des öffentlichen Lebens oder Medien über die Türken im Land und die Türkei äußerten. Abschließend bedankte sich Altun bei allen, die „die Bedrohung durch rechtsextremistischen Terrorismus in Deutschland aufrichtig und entschieden bekämpfen“. Die Türkei sei der größte Unterstützer derjenigen, die das Rassismusproblem in Deutschland beseitigen wollen, fügte der in Deutschland geborene Kommunikationsdirektor hinzu. „Vorteile der Multikulturalität neuen Generationen erklären“ Der Politexperte Jürgens sprach über die Geschichte und Hintergründe des Rechtsextremismus im Land. Zudem sagte er, dass Rassismus und Extremismus immer mehr salonfähig würden. So sei es inzwischen möglich, auch im akademischen Bereich auf ein von Rechtsextremisten übernommenes Narrativ zu stoßen. Jürgens empfahl außerdem, mehr auf die Jugend zu setzen. Es sei wichtig, die jüngeren Generationen über die Vorteile der Multikulturalität aufzuklären, um Hass gegen andere Ethnien zu verhindern. Der Akademiker Dilbirliği erinnert daran, dass es auch in den 1990er Jahren rassistisch motivierte Angriffe gegeben habe. Die Bundesregierung habe damals nicht an den Beerdigungen der Opfer teilgenommen. Positiv festzustellen sei jedoch, dass es heute einen deutlichen Unterschied in der Rhetorik der Regierungspolitiker gebe. Kritik an Rechtsextremismus-Skandale bei Polizei und Bundeswehr Zugleich kritisierte Dilbirliği die Skandale bei Polizei und Bundeswehr im Zusammenhang mit Rechtsextremismus. Die Lage sei so ernst, dass viele Bundesländer Beschwerdestellen eingerichtet hätten und die Rufe nach Aufklärung nicht mehr zu ignorieren seien. Anwalt Zingal knüpfte an der Kritik Dilbirliğis an. Er monierte den umstrittenen Polizeieinsatz in der Terrornacht von Hanau und den Umgang mit den Opferangehörigen. Hätte die Polizei in jener Nacht richtig gehandelt, hätte es weniger Opfer gegeben, unterstrich Zingal. Die Familien der Opfer seien nicht um eine Autopsiegenehmigung gebeten worden und neue Erkenntnisse seien auch zwei Jahre nach der Tat den Menschen vorenthalten worden. Dieser Umstand habe das Vertrauen in die staatlichen Institutionen untergraben. Der türkischstämmige Anwalt erklärte, um Rassismus zu beseitigen, müsse verstanden werden, dass es sich dabei um ein gesellschaftliches Probleme handle und nicht um Einzelfälle. „Andere Berichterstattung bei weißen Tätern“ „TRT Deutsch“-Chefredakteur Elbir kritisierte die Terminologie und Perspektive der deutschen Medien unmittelbar nach Anschlägen. Elbir sagte, dass Begriffe wie „Islamistischer Terrorismus“ Verwendung fänden, wenn der Täter einen Migrationshintergrund aus einem muslimisch geprägten Land habe. Einige Medien betrachteten diesen Umstand als Gelegenheit, um den Islam zu kriminalisieren. Laut Elbir ist die Berichterstattung jedoch eine völlig andere, wenn es sich beim Täter um einen „rassistischen weißen Mann“ handele. Dann kämen Bemerkungen und Mutmaßungen, dass der Täter etwa Verbindungen zur Mafia pflege oder psychische Probleme habe. Eine rassistische Motivation, die der Tat zugrunde liegen könne, werde oft nicht thematisiert.

TRT Deutsch