von Shafik Mandhai
TRT World hat einen exklusiven Einblick in die Akte eines Spions erhalten, der jahrelang im Auftrag der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gearbeitet hat.
Mahmoud Ayesh Al Astal diente den Emiraten insgesamt elf Jahre lang. Für seine Dienste erhielt er 400.000 US-Dollar. Der 45-Jährige ist jordanischer Staatsangehöriger palästinensischer Herkunft.
Die letzten sieben Jahre seiner Spionage-Aktivitäten lebte er in der Türkei. Als angeblich investigativer Journalist schrieb er für die Medien der Muslimbruderschaft.
Seine Auftraggeber forderten von ihm die Beschaffung von sensiblen Informationen – hauptsächlich über Mitglieder der Muslimbruderschaft, aber auch über emiratische und andere arabische Dissidenten, die aus ihren Ländern geflohen waren.
Zusätzlich sollte er die türkische Innen- und Außenpolitik ausspionieren. So sollte er seine Auftraggeber über Journalisten und Dissidenten informieren, die zu einer Mitarbeit mit den VAE bereit wären.
Der Agent kommunizierte mit seinen Vorgesetzten per Telefon. Er verwendete hierfür eine benutzerdefinierte verschlüsselte Messaging-Software auf seinem Computer und Telefon – installiert von emiratischen Geheimdienstlern.
Für seine Dienste erhielt der Jordanier 2700 Dollar im Monat, außerdem eine Pauschalzahlung von 11.000 Dollar für den Umzug in die Türkei im Jahr 2013. Für den Kauf einer Wohnung in der türkischen Stadt Sakarya im Jahre 2015 erhielt der Agent noch einmal 50.000 Dollar.
Al Astal stand offenbar mit mindestens vier Auftraggebern des emiratischen Nachrichtendienstes in Verbindung. Diese agieren unter den Codenamen Abu Rashed, Abu Ali, Abu Suheyl und Abu Faris.
Der Agent soll Abu Ali, dessen vollständiger Name Saud Abdelaziz Mohamed Bindarwish ist, 2016 in Istanbul kennengelernt haben.
Türkische Geheimdienste identifizierten Abu Rashed als Rashed Abdulkhaliq Mohammed. Vermutlich rekrutierte er Al Astal im Jahre 2009.
Der Jordanier stand zum Zeitpunkt seiner Gefangennahme im September unter der Kontrolle des Offiziers Abu Faris.
Finanzielle Druckmittel
Bei der Rekrutierung setzten die Emiratis Al Astal unter finanziellen Druck. Sie drohten ihm, die Arbeitserlaubnis in den VAE zu entziehen.
Als er sich weigerte, für den Geheimdienst zu arbeiten, wurde sein Visumantrag abgelehnt. Er konnte somit nicht arbeiten. Al Astal hatte Angst, nach Jordanien zurückkehren zu müssen – dort hätte er keine Arbeit gefunden.
Bevor er in die Türkei zog, war er bereits für die VAE tätig. Er spionierte Mitglieder der Muslimbruderschaft aus und berichtete darüber in monatlichen Telefonaten. Schließlich gewährten ihm die Emiratis ein Aufenthaltsvisum.
Ein Teil seiner Aktivitäten umfasste die Bereitstellung der Grundrisse des Hewar Center, einer Denkfabrik, an dem Jordanien beteiligt ist. Unter dem Vorwand, die Hardware reparieren lassen zu wollen, besorgte er den Geheimdiensten die Computer der Organisationen.
Als die Emirate 2012 Mitglieder der Muslimbruderschaft verfolgten, flohen diese in die Türkei. Al Astal wurde daraufhin befohlen, in die Türkei zu ziehen und sich dort niederzulassen.
Ziel war es, Bruderschaftsmitglieder wie Saeed Naser Alteneiji auszuspionieren. Er dokumentierte sämtliche Aktivitäten und Begegnungen mit Einzelpersonen und machte Aufzeichnungen von Gesprächen. Wenn die Emiratis es für nötig hielten, beschaffte Al Astal auch geheime Informationen über die Türkei.
Der Kontakt erfolgte per Telefon durch verschlüsselte mobile Anwendungen oder bei persönlichen Treffen in unauffälligen Gegenden wie in Einkaufszentren.
Türkische Behörden erklärten, dass die VAE seit langem Spionageoperationen in dem Land durchführten. Im Visier der Agenten stünden sowohl lokale Behörden als auch Dissidenten, die vor repressiven Regimen in der arabischen Welt geflohen waren.
2019 verhaftete Ankara in diesem Zusammenhang zwei Männer. Beide arbeiteten mutmaßlich für die VAE und sind offenbar in den brutalen Mord an Jamal Khashoggi verwickelt. Der Dissident und Journalist wurde im Oktober 2018 in Istanbul durch saudische Agenten ermordet.
Auch nach dem palästinensischen Terroristen und emiratischen Agenten Mohammad Dahlan wird gefahndet. Er soll beim vereitelten Putsch vom Juli 2016 in der Türkei eine Rolle gespielt haben.