Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat in einem Brief an den Patriarchen der armenischen Gemeinschaft in der Türkei, Sahak Maşalyan, sein Beileid für die Ereignisse von 1915 während des Osmanischen Reiches ausgesprochen. Die Armenier hätten unter den „schwierigen Bedingungen“ des Ersten Weltkriegs ihr Leben verloren, hieß es darin. „Ich gedenke der verstorbenen osmanischen Armenier noch einmal mit Respekt und spreche den Hinterbliebenen mein aufrichtiges Beileid aus. Ich wünsche allen verstorbenen osmanischen Bürgern die Gnade Gottes“, so der Präsident in einer Erklärung am Sonntag.
Erdoğan betonte, dass die türkische und die armenische Bevölkerung in Anatolien seit Jahrhunderten in Einheit lebten. Sie seien seit Jahrhunderten „Partner in Freude und in Leid“. Aus diesem Grund sei es wichtig, „die Wunden der Vergangenheit zu verbinden und die menschliche Bande noch mehr zu stärken.“ Mit diesem Verständnis müsse gemeinsam die Zukunft aufgebaut werden, „anstatt den Schmerz zu vergrößern“.
„Historische Chance für Frieden und Stabilität“
In diesem Sinne wünsche sich Ankara auch gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Eriwan. Die türkische Regierung baue auf die Unterstützung der armenischstämmigen Türken und messe dem eine große Bedeutung bei. „Ich weiß, dass der Normalisierungsprozess von unseren armenischstämmigen Bürgern, die eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarländern befürworten, aufrichtig unterstützt wird.“ Dies sei eine historische Chance für einen dauerhaften Frieden und die Stabilität in der Region.
Die Türkei vertritt in Bezug auf die Ereignisse von 1915 den Standpunkt, dass der Tod der Armenier in Ostanatolien erfolgte, als sich einige von ihnen als fünfte Kolonne auf die Seite der einmarschierenden Russen stellten und ihre Waffen gegen osmanische Streitkräfte und Zivilisten einsetzten. Eine anschließende Umsiedlung von Armeniern führte zu zahlreichen Opfern, Anfeindungen von Militärs und Milizen aus beiden Seiten verschlimmerten die Lage.
24. April 1915 gilt als Symbol für Beginn von Gräueltaten
Am 24. April 1915 kam es in der damaligen Hauptstadt Istanbul zu Massenverhaftungen prominenter osmanisch-armenischer Politiker, Intellektueller und anderer Gemeindemitglieder. Sie wurden verdächtigt, Verbindungen zu separatistischen und terroristischen Gruppen zu unterhalten - ein Datum, das als Symbol für Gräueltaten gilt.
Die Türkei wehrt sich dagegen, die Vorfälle als „Völkermord“ zu bezeichnen, beschreibt die Ereignisse von 1915 jedoch als eine Tragödie, bei der beide Seiten in einem bürgerkriegsähnlichen Zustand Verluste erlitten.
Ankara hat wiederholt den Einsatz einer gemeinsamen Kommission aus Historikern aus der Türkei und Armenien sowie internationalen Experten vorgeschlagen, die sich mit dem Thema befassen soll – bislang ohne öffentliche Resonanz.