SPACEX / Photo: AA (AA)
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Oberst Alper Gezeravcı, ein Kampfpilot der türkischen Luftwaffe, ist zu einer zweiwöchigen Mission auf der Internationalen Raumstation (ISS) ins All geflogen. Damit zählt Türkiye zu den Nationen, die erfolgreich Astronauten ins All geschickt haben.

„Es ist ein sehr symbolischer und wichtiger Schritt. Allerdings ist er nicht der letzte. Es ist der Beginn einer Reise für unser großartiges Land“, sagte Gezeravcı im Gespräch mit TRT World vor dem historischen Start am Donnerstag.

Die vierköpfige Besatzung startete um 22:49 Uhr (MEZ) vom Kennedy Space Center in Florida, USA an Bord einer SpaceX-Raumkapsel, die von einer Falcon-9-Rakete getragen wurde.

Die Besatzung der Axiom-Mission brauchte etwa 36 Stunden, bis sie am 20. Januar gegen 10:53 Uhr (MEZ) an der ISS andockte. Gezeravcıs erste Botschaft aus dem Weltall war ein Zitat des türkischen Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk: „Die Zukunft liegt am Himmel“.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan betonte die Bedeutung der Mission, sowohl als wissenschaftliches Unterfangen als auch als Inspirationsquelle für künftige Generationen. „Wir alle erleben gemeinsam einen historischen Moment. Wir erleben eine dieser Zeiten, in denen wir gemeinsam stolz sind.“

„Ein historischer Moment“

In Interviews vor dem Start betonte der 44-jährige Gezeravcı, dass er vorher nie davon geträumt habe, Astronaut zu werden. Denn das sei damals nur Kindern anderer Nationen vorbehalten gewesen.

„Es ist definitiv ein historischer Moment für das Land, das sein hundertjähriges Bestehen feiert. (...) Es wird unsere zukünftigen Generationen auf ihren Wegen in den Weltraum inspirieren“, sagte Gezeravcı in einem Videointerview in Florida während seiner Vorbereitungsphase. Er finde keine Worte, um seine Gefühle der Freude und des Stolzes auszudrücken.

Nach Gezeravcı soll der 31-jährige Ingenieur Tuva Cihangir Atasever Mitte 2024 als zweiter türkischer Astronaut in den Weltall starten. Er soll dann auf der ISS die zweite Phase der Mission übernehmen.

Beitrag zur Wissenschaft

Zur Besatzung der Axiom-Mission gehören neben Gezeravcı auch Michael Lopez-Alegria (Spanien/USA), Walter Villadei (Italien) und Marcus Wandt (Schweden). Sie sollen während ihres zweiwöchigen Aufenthaltes auf der ISS wissenschaftliche Experimente für ihre Länder durchführen. Gezeravcı wurde mit 13 Experimenten beauftragt, die von türkischen Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen vorbereitet worden sind.

„Es ist eine wirklich umfassende Mission, die mehrere Bereiche umfasst“, so Gezeravcı zu TRT World. Er betonte die Bedeutung seiner Mission für die Wissenschaft. Jedes Experiment im Weltraum definiere die Parameter der menschlichen Existenz in der kosmischen Umgebung und biete neue Perspektiven.

Die Experimente umfassen ein breites Spektrum wissenschaftlicher Bereiche – von der Materialwissenschaft über Biotechnologie und Elektrotechnik bis hin zur Krebsforschung.

Das PRANET-Experiment etwa soll die antibakterielle Wirkung von Propolis in einer schwerelosen Umgebung herausfinden. Es ist ein Studienprojekt aus der ostanatolischen Stadt Muş.

Das MYELOID-Experiment untersucht die Auswirkungen der Strahlenexposition auf Krebszellen in der Weltraumumgebung.

Das EXTREMOPHYTE-Experiment konzentriert sich auf eine endemische Pflanze aus einem Salzsee von Türkiye. Untersucht werden dabei die Reaktion der Pflanze auf unterschiedliche Salzstress-Niveaus in der Weltraumumgebung und ihr zukünftiges Potenzial für Weltraum-Ökosysteme.

Gezeravcı betonte, dass die Anwesenheit eines türkischen Astronauten auf der ISS den Wissenschaftlern des Landes „gleiche Wettbewerbsmöglichkeiten“ in Bereichen verschafft, in denen sie bereits wertvolle Studien vorgelegt hätten.

Internationale Zusammenarbeit auf der ISS

Nach Ansicht von Gezeravcı symbolisiert die internationale Weltraum-Mission auch die Einigkeit unter den teilnehmenden Nationen. „Sie bringen ihre Herkunft, ihren Hintergrund und ihre Erfahrungen zusammen. In einem solchen internationalen Umfeld kann man die einzigartigen Erfahrungen aus verschiedenen Ländern vereinen“, fügte er hinzu.

Als Andenken von der Erde tragen die Astronauten verschiedene Andenken bei sich, die teils auch ihre Herkunft symbolisieren. Gezeravcı etwa nahm neben Familienfotos verschiedene Aufnäher mit. Einer davon in Form eines seldschukischen Sterns mit 16 weiteren Sternen, die für die bis zur Republik Türkiye gegründeten Staaten der Türken stehen.

Auch die türkische Flagge ein Aufnäher seines ersten Luftwaffengeschwaders als F-16-Pilot gehört zum Inventar von Gezeravcı. Sein Wappen der Ax-3-Mission mit der Zahl 100 steht für das 100-jährige Bestehen der am 29. Oktober 1923 ausgerufenen Republik Türkiye.

Neue Weltraum-Ambitionen in Türkiye

Türkiye gehört mittlerweile zu den zehn Staaten weltweit, die ihre eigenen Weltraumsatelliten produzieren können. Die Teilnahme an einer bemannten Raumfahrt-Mission war eines der Hauptziele des vor zehn Jahren gegründeten Raumfahrtprogramms der Raumfahrtbehörde TUA.

Gezeravcıs Reise zur ISS stellt insofern einen Meilenstein in der türkischen Geschichte dar und lässt auf weitere Schritte im Bereich der Weltraumforschung hoffen. Gezeravcı selbst vergleicht seine Raumfahrt stellvertretend für seine Nation mit dem von John F. Kennedy gegründeten Weltraumprogramm, wie er TRT World erzählte.

TRT Deutsch