Von Anne-Béatrice Clasmann und Basil Wegener
Migranten auf dem Weg zu einem Job in Deutschland können sich ab diesem Samstag um eine Chancenkarte bemühen. Mit der Chancenkarte tritt der dritte Teil des reformierten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Kraft, das die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr beschlossen hatte.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: „Wir sorgen dafür, dass die Arbeits- und Fachkräfte in unser Land kommen können, die unsere Wirtschaft seit Jahren dringend braucht.“ Ihr für Arbeit zuständiger Kabinettskollege Hubertus Heil (SPD) betonte: „Fachkräftesicherung ist Wohlstandssicherung.“ Deutschland müsse alle inländischen Potenziale nutzen und brauche gleichzeitig qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland.
Die Chancenkarte richtet sich an Menschen, die nicht aus der Europäischen Union stammen. Das Instrument soll den Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften nach Deutschland erleichtern. Ein Vertrag mit einem Arbeitgeber in Deutschland ist keine Voraussetzung.
Grundvoraussetzung ist aber eine mindestens zweijährige Berufsausbildung oder ein Hochschulabschluss im Herkunftsland sowie Sprachkenntnisse in Deutsch oder Englisch. Je nach Sprachkenntnis, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug bekommen Interessierte Punkte, die sie zum Erhalt der Chancenkarte berechtigen. Auch für Qualifikationen in Engpassberufen gibt es Punkte. Mit der Karte können Nicht-EU-Ausländer dann nach Deutschland kommen und haben dann ein Jahr lang Zeit, sich einen festen Job zu suchen.
Chancenkarte sichert Pflege und Handwerk
„Jahrzehntelang wurde um die Regelung gerungen, jetzt setzen wir mit der neuen Chancenkarte den finalen Mosaikstein für ein modernes Einwanderungsrecht made in Germany“, sagte die Migrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD). Talente aus aller Welt „sollen kommen, um zu bleiben“. Das stabilisiere auch Rente oder Krankenversicherung und sorge mit dafür, dass Krankenhäuser und Pflegeheime, mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe ihre Stellen besetzen könnten.
FDP-Vize Johannes Vogel sagte: „Die Einführung eines Punktesystems bei der Fachkräfte-Einwanderung ist eine historische Reform.“ Endlich könne sich das Einwanderungsrecht mit Regelungen der erfolgreichsten Einwanderungsländer der Welt wie Kanada, Neuseeland oder Australien messen. Für Stärke im Wettbewerb um die klügsten Köpfe werde das Punktesystem sorgen. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Pascal Kober erläuterte: „Ein Punktesystem ermöglicht die Steuerung von Zuwanderungschancen nach Ausbildung, Berufserfahrung, Sprachkenntnissen, Alter und weiteren Kriterien.“
Ausgeweitet werden ab dem 1. Juni außerdem die Möglichkeiten für Arbeitskräfte aus den Westbalkanstaaten, für einen Job nach Deutschland zu kommen. Davon können auch Ungelernte profitieren. Allerdings muss vorab einen Arbeitsvertrag nachweisen, wer über die sogenannte Westbalkanregelung einreisen will.