Die letzte große Corona-Demo in Berlin. (dpa)
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Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Verbot für die am Samstag geplante Demonstration gegen die Corona-Politik der Bundesregierung wieder aufgehoben. Es gebe jedoch strenge Auflagen zur Einhaltung des Mindestabstands, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte zuvor angekündigt, bei einer Niederlage vor das Oberverwaltungsgericht ziehen zu wollen.

Zu der Kundgebung am Samstag in Berlin hatte die Initiative Querdenken 711 aus Stuttgart 22.000 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenburger Tor angemeldet. Die Versammlungsbehörde der Polizei hatte diese größere Demonstration und neun weitere kleinere Veranstaltungen am Mittwoch verboten.

Als Grund für diesen Schritt hatte die Polizei angeführt, dass durch die Ansammlung Zehntausender Menschen - oft ohne Maske und Abstand - ein zu hohes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung entstehe. Das habe bereits die Demonstration gegen die Corona-Politik am 1. August in Berlin gezeigt, bei der die meisten Demonstranten bewusst Hygieneregeln ignoriert hätten.

„Keine Voraussetzungen für Verbot“

Das Verwaltungsgericht Berlin begründete seine Entscheidung nach Angaben des Sprechers nun damit, dass keine Voraussetzungen für ein Verbot vorlägen. Es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Veranstalter hätten ein Hygienekonzept vorgelegt. Das Land habe nicht darlegen können, dass dieses nicht eingehalten werden solle. Auflagen für die Demo seien nicht hinreichend geprüft worden.

Obwohl noch keine endgültige Entscheidung vorliegt, gingen bei der Berliner Polizei bis Freitagvormittag bereits 5000 Anmeldungen zu weiteren Demonstrationen ein, wie eine Sprecherin sagte. Die Veranstalter rufen auf verschiedenen Kanälen zur Teilnahme an Corona-Demos auf.

Rechtsextremisten sind besonders aktiv

Rechtsextremisten sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes aktiver als bei der letzten größeren Protestveranstaltung in der Hauptstadt. „Die Mobilisierungsaufrufe von Rechtsextremisten sind breiter und intensiver als im Vorfeld der Demonstration vom 1. August 2020 in Berlin”, hieß es am Freitag aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz.

„Insofern ist es durchaus möglich, dass die jetzigen Aktivitäten zu einer über das bisherige Maß hinausgehenden Teilnahme von Rechtsextremisten führen werden”, hieß es weiter. Dies lasse sich jedoch nicht belastbar voraussagen. Das Bundesamt beobachte die Entwicklung.

Gewaltandrohungen gegen Innensenator und Polizei

Senat und Polizei stehen wegen des Verbots und viel Kritik daran unter Druck. Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte die Entscheidung in zahlreichen Interviews und Stellungnahmen. Zuletzt sprach er in der „Süddeutschen Zeitung” von ursprünglich 50.000 erwarteten Demonstranten. Darunter seien viele „aus dem rechtsextremistischen Spektrum mit einem erheblichen Aggressionspotenzial”.

Es gebe erhebliche Gewaltandrohungen, sagte Geisel weiter. „Das macht uns ernsthafte Sorgen. Aber wir haben Tausende Polizisten auch aus anderen Bundesländern und vom Bund zusammengezogen, um die Sicherheit gewährleisten zu können.” Auch seine Behörde und er würden angegangen. „Die Drohungen, die seit dem Verbot hier eingegangen sind, sind zu massiv. Das übersteigt in Menge und Aggressivität alles, was ich bisher erlebt habe.”

Innensenator Andreas Geisel hatte das Demonstrationsverbot unter anderem damit begründet, dass eine ähnliche Demonstration am 1. August gezeigt habe, dass Demonstranten „sich bewusst über bestehende Hygieneregeln und entsprechende Auflagen” hinwegsetzten. Er erklärte ferner, er wolle nicht hinnehmen, dass Berlin erneut zur Bühne für „Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten” werde.

TRT Deutsch und Agenturen