Im Prozess gegen den terrorverdächtigen Bundeswehroffizier Franco A. hat die Anklage am Montag eine Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten gefordert. Demnach soll der 33-Jährige eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben. Franco A. sei „ein rechtsradikaler Terrorist“, der Anschläge auf das Leben hochrangiger Politiker oder Personen des öffentlichen Lebens geplant habe, sagte eine Vertreterin der Bundesanwaltschaft vor dem Frankfurter Oberlandesgericht. Darüber hinaus werden ihm Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie Betrug vorgeworfen.
Der derzeit vom Dienst freigestellte Bundeswehrsoldat aus Offenbach hatte sich eine falsche Identität als syrischer Flüchtling zugelegt und in diesem Zusammenhang Sach- und Dienstleistungen bezogen. Franco A. war im Februar 2017 auf dem Wiener Flughafen festgenommen worden, als er eine geladene Pistole aus einem Versteck in einer Flughafentoilette holen wollte. Woher die Waffe stammt und was er damit plante, blieb zunächst unklar.
Anschlagspläne nicht weit fortgeschritten
Zugunsten des Angeklagten wertete die Bundesanwaltschaft unter anderem, dass dieser nicht vorbestraft gewesen sei und sich im Falle des Betrugs geständig gezeigt habe. Auch seien die Anschlagspläne nicht sehr weit fortgeschritten gewesen, etwa was Zeit und Ort betreffe. Als mögliche Anschlagsopfer habe er den damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD), die Grünen-Politikerin Claudia Roth oder die Gründerin der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, in Betracht gezogen. Letztere habe er bereits in Berlin ausgespäht.
Offen ließ die Bundesanwaltschaft, ob er die Identität als Syrer angenommen hatte, um den Verdacht nach einem Anschlag gegen Flüchtlinge zu richten und das Vertrauen in die Asylpolitik zu erschüttern. Dies könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, sagte eine Gerichtssprecherin.
Nach Auffassung der Anklage soll Franco A. auch unerlaubt verschiedene Waffen besessen und beispielsweise Munition aus den Beständen der Bundeswehr an sich genommen haben.
Die Bundesanwaltschaft sprach zudem von einer völkischen, antisemitischen und durch Fremdenhass geprägten Gesinnung des Angeklagten, die er unter anderem in seiner Masterarbeit umfassend dargestellt habe. Zudem habe er zahlreiche NS-Devotionalien besessen und darüber nachgedacht, einen „Zentralrat der Deutschen“ zu gründen.
Franco A. und seine Verteidiger sprachen hingegen im Laufe des Prozesses von Missverständnissen und erklärten, dass er bei dem Asylverfahren Missstände habe aufklären wollen.
Bundesanwaltschaft: Angeklagter hat gelogen
Die Vertreterin der Bundesanwaltschaft erklärte in ihrem Plädoyer, der Angeklagte habe während des Verfahrens gelogen und versucht, die offensichtlichen Motive seines Handelns zu verwischen. Bei seinen Einlassungen habe er es außerdem geschafft, Beweise gegen sich selbst zu sammeln und zusammenzutragen. Sie sprach zudem von dessen „verschwurbelten Gedankengängen“.
Am Montagvormittag waren noch letzte Beweisanträge der Verteidigung und des Angeklagten behandelt worden. Der 33-Jährige äußerte sich unter anderem zu Waffen, darunter Macheten, die bei ihm gefunden worden waren. Diese seien zum Schutz seines Umfelds gewesen, damit seine Angehörigen sich im Falle eines eventuellen Bürgerkriegs, „wenn irgendwelche Horden reinkommen“, verteidigen könnten, sagte er.
Zudem rechtfertigte er das Nutzen falscher Adressen und Personalien. Dies sei unter anderem damit begründet, dass er mit persönlichen Daten immer restriktiv umgegangen sei. Und auch die „Aliaspersonalie“ David Benjamin sei nicht mit einem Anschlagsplan verbunden gewesen, sondern mit dem Durchlaufen des Asylverfahrens.
Nach mehr als einem Jahr geht das Gerichtsverfahren nun auf sein Ende zu. Die Verteidiger und der Angeklagte sollen voraussichtlich am 24. Juni zu Wort kommen. Für den 5. Juli wird das Urteil erwartet. Franco A. war zwischenzeitlich auf freiem Fuß, befindet sich aber seit Februar erneut in Untersuchungshaft.
21 Juni 2022
dpa
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