Symbolbild. Das Logo des Volkswagen-Konzerns ist auf einem Kühlergrill zu sehen. Das Unternehmen sieht sich im Werk in Zwickau mit Rassismusvorwürfen konfrontiert. (Others)
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Am Zwickauer Arbeitsgericht wird am kommenden Montag der schon zwei Mal verschobene Rechtsstreit eines Mitarbeiters gegen Volkswagen (VW) wegen mehrerer Rassismusvorwürfe stattfinden. Der Tageszeitung „Freie Presse“ zufolge geht es um einen VW-Mitarbeiter, der vor fast 20 Jahren aus Ägypten nach Deutschland gekommen ist.
Im Zwickauer VW-Werk soll der Mann seines Migrationshintergrunds wegen schlimmen Anfeindungen ausgesetzt gewesen sein. Nach seinen Angaben waren diese so gravierend, dass er im Jahr 2020 von Zwickau zu einer Anstellung nach Leipzig wechselte, wie die „Leipziger Volkszeitung“ zuerst berichtete.
Affenlaute und das N-Wort
Der Ägypter erhebt gravierende Vorwürfe gegen seinen Arbeitgeber. Arbeitskollegen hätten ihn mit Affenlauten begrüßt – wenn er überhaupt begrüßt wurde. Auch habe er Sätze wie „So viele Affen hier“ zu hören bekommen oder es wurde ihm gegenüber das N-Wort benutzt. Einer der Mitarbeiter in dem Zwickauer VW-Werk soll auf die Frage nach dessen Namen geantwortet haben: „Kannst mich ruhig Adolf nennen.“
Der Arbeitnehmer klagt auf Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro. Es gehe jedoch weniger ums Geld als um eine Versetzung des Anklägers in ein anderes VW-Werk im Westen. Anwalt Dogukan Isik erklärt der „Freien Presse“ zufolge: „Er will arbeiten, und VW ist ein guter Arbeitgeber. Aber er will nach allem, was er erlebt hat, nicht mehr nach Sachsen.“
Dem Ansinnen will VW allerdings nicht entsprechen. Das Unternehmen argumentiert, dass der Angestellte bei VW Sachsen beschäftigt sei und man ihn deswegen lediglich in einem der Werke in Chemnitz oder Dresden einsetzen könne. Eine Versetzung nach Chemnitz lehnt der Mann aber genauso ab wie das Angebot einer Abfindung von 43.000 Euro bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Warnung per Sprachnachricht

In Zwickau steht nun am Montag eine Güteverhandlung an, in der das Gericht ausloten will, ob sich der Kläger und VW noch einigen können. Beide Seiten sagten im Vorfeld zur „Freien Presse“, dass das ausgeschlossen sei.

Der Ägypter, der krankgeschrieben ist und wieder in Hannover lebt, wird für den Termin nicht selbst anreisen. Auch sein Anwalt schickt eine Vertretung. VW teilt mit, dass sich am eigenen Standpunkt nichts geändert habe. Kommt es erwartungsgemäß zu keiner Einigung, muss das Gericht einen Kammertermin ansetzen, in dem dann inhaltlich über die Rassismusvorwürfe verhandelt wird.
Der Kläger hat viele der rassistischen Schmähungen in Tagebuchform dokumentiert, will die Namen der Täter aber nicht nennen. Anwalt Isik zufolge soll es eine Sprachnachricht geben, worin der Mann gewarnt wird, Namen zu nennen. „Es ist uns aber klar, dass wir die Schuldigen benennen müssen. Und zum Kammertermin werden wir das tun, mitsamt allen Belegen“, sagte Isik gegenüber der „Freien Presse“.
Brisante Audio-Datei soll systematisches Rassismus-Problem belegen
Eine illegal aufgenommene Audio-Datei steht bei der Verhandlung im Mittelpunkt des Interesses. Darauf soll zu hören sein, wie der Kläger eine Kollegin wegen rassistischer Äußerungen zur Rede stellte. Die Tondatei liefere zudem weitere Belege für ein systemisches Rassismus-Problem im Zwickauer VW-Werk, so Isik.
Vonseiten des Betriebsrats, den der Mann damals kontaktiert haben will, um ihm die Datei vorzuspielen, habe man ihn jedoch abgewiesen und belehrt, dass er nicht heimlich Gespräche aufzeichnen dürfe. Dazu sein Anwalt Dogukan Isik in der „Freien Presse“: „Richtig, aber wenn eine Straftat im Raum steht – in dem Fall Volksverhetzung –, dann sieht die Sache anders aus“, argumentiert Anwalt Isik. Die Kollegin solle darin unter anderem gesagt haben, in Zwickau brauche man eben „ein dickeres Fell“.
VW-Geschäftsführung und Betriebsrat verurteilen jede Form von Rassismus
In einer gemeinsamen Erklärung vom November 2020 haben VW-Personalgeschäftsführer Dirk Coers und Gesamtbetriebsratschef Jens Rothe jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz verurteilt. Dagegen gehe man entschieden vor, heißt es.
Dass der ägyptische Mitarbeiter bereits im Vorstellungsgespräch gefragt worden sei, wie er mit rassistischen Äußerungen von Arbeitskollegen umgehen würde, verneint VW.
Im konkreten Fall sei man zwar umgehend tätig geworden, aber ohne die Namen der Handelnden zu kennen, könne man den Vorwürfen nicht weiter nachgehen. Sprecher Carsten Krebs zufolge hat es seit dem besagten Fall bei VW Sachsen keine weiteren Hinweise auf Rassismus gegeben. Mehr zum Thema: Diskriminierung der Uiguren – Volkswagen verteidigt Engagement in Xinjiang

TRT Deutsch und Agenturen