Islamfeindliche und rassistische Straftaten werden in Deutschland nach Ansicht des Rechtswissenschaftlers Mehmet Osman Gülyeşil institutionell geschützt. Richter würden hierzulande an Fälle, die Muslime betreffen, mit Vorurteilen herangehen, sagte der Experte am Dienstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Anadolu.
Gülyeşil, Mitglied der Forschungsgruppe „Recht und Gefahr“ und Doktorand an der Berliner Humboldt-Universität, bemängelte den Umgang von Polizei und Justiz in Deutschland mit Übergriffen auf Muslime. Diese würden oft wie gewöhnliche Straftaten behandelt, kritisierte der Jurist und wies darauf hin, dass Rechtsextremisten versuchten, staatliche Sicherheitsinstitutionen zu unterwandern.
Als Beispiel könne die rechtsextreme Vereinigung NSU genannt werden, die in bestimmten Kreisen Schutz genossen habe. Die deutsche Polizei habe bei der Fahndung nach Tätern zunächst nicht in der Neonazi-Szene gesucht, sondern unter Türken und Muslimen, kritisierte der Experte. Ein weiteres Beispiel sei eine Studie der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in NRW aus dem Jahr 2021, die eine voreingenommene Haltung von Polizeibeamten gegenüber islamfeindlichen Straftaten festgestellt habe.
Nach Gülyeşils Ansicht sind die Freiheitsrechte von Muslimen in der Justiz gefährdet. Es gebe zahlreiche Fälle, in denen Richter inakzeptabel gehandelt hätten. „Richter sollten unabhängig von Religion oder Herkunft entscheiden“, forderte er. Trotzdem gebe es rassistisch motivierte Entscheidungen.
Muslime seien die größte religiöse Minderheit in Deutschland und müssten deshalb besser repräsentiert werden, forderte der Rechtswissenschaftler. Das Fehlen einer Dachorganisation für Muslime in Deutschland und das Fehlen eines Beauftragten gegen Islamophobie auf Bundesebene begünstige die Vorurteile innerhalb der Justiz.