Zum Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein haben Außen- und Verteidigungspolitiker aus Opposition und Koalition die Forderung nach der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern bekräftigt. „Die Ukraine könnte militärisch deutlich weiter sein, wenn sie diese Marschflugkörper schon vor einem halben Jahr bekommen hätte“, sagte der CDU-Politiker Norbert Röttgen am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“.
Die Lieferung werde seitdem von der Bundesregierung abgewogen, was er für „Ausreden“ halte. Röttgen sagte, er habe kein Verständnis dafür, dass immer noch Misstrauen gegenüber der Ukraine geäußert werde. Kiew habe in den vergangenen Monaten bewiesen, dass es vertrauenswürdig sei.
London und Paris liefern bereits ähnliche Marschflugkörper
Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte die Bundesregierung zu einer schnellstmöglichen Lieferung auf. Die Ukraine benötige diese Waffen, „um den russischen Nachschub zu unterbrechen“, sagte sie im rbb24 Inforadio am Dienstag. Es sei wichtig, dass es künftig keine Basen auf russischer Seite mehr gebe, von denen jeden Tag hunderte Raketen auf die Ukraine abgeschossen würden.
Ähnliche Marschflugkörper wie Taurus würden auch schon von Großbritannien und Frankreich geliefert, betonte Strack-Zimmermann. Auch sie kritisierte den langsamen Entscheidungsprozess der Bundesregierung. Die Ukraine habe schon im April um die Lieferung gebeten, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. „Man muss da nicht fünf Monate darüber nachdenken, denn jeden Monat sterben hunderte von ukrainischen Soldaten.“
Auch US-Verteidigungsminister dringt auf Luftabwehr für Ukraine
Zu dem Treffen in Ramstein hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin Amtskollegen und hochrangige Militärvertreter aus aller Welt eingeladen. Themen sind unter anderem die seit Juni laufende ukrainische Gegenoffensive und die weitere Unterstützung mit militärischer Ausrüstung.
Auch Pentagon-Chef Austin bekräftigte die Bedeutung der Luftabwehr für die Ukraine. Er drängte die Teilnehmer des Treffens dazu, weiter nach Möglichkeiten zu suchen, Boden-Luft-Abwehr für die Ukraine bereitzustellen. Zudem benötige Kiew weiterhin Munition, um weiter kämpfen zu können.
An dem Treffen nahm auch erstmals der neue ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow teil. Austin dankte dessen Anfang September aus dem Amt entlassenen Vorgänger Oleksij Resnikow für „seine harte Arbeit und seine Hingabe“ und „alles, was er für eine freie Ukraine in einer sicheren Welt getan“ habe.
Pistorius nimmt aus gesundheitlichen Gründen nicht am Treffen teil
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) musste seine Teilnahme kurzfristig wegen einer Corona-Infektion absagen. Kurz vor dem Treffen kündigte Pistorius ein neues Hilfspaket der Bundesregierung für die Ukraine im Wert von 400 Millionen Euro an. Die statt Pistorius nach Ramstein gereiste Staatssekretärin Möller sagte, bei der neuen Hilfe handele es sich um Munition und Kampfmittelabwehr, aber auch um Stromerzeugung und Kleidung.
Mit Blick auf Taurus bekräftigte der Minister, die Bundesregierung habe darüber noch nicht entschieden. „Die Pflicht der gesamten Bundesregierung ist es, jede Waffenlieferung sehr sorgfältig abzuwägen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Dabei ist eine Vielzahl von politischen, rechtlichen, militärischen und technischen Aspekten zu klären.“ Dies sei „nicht einfach“.